Klimaschutz:Rollrasen, wo sonst der Verkehr rollt

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Aktion Rollrasen: Ökoaktivist Herbert Gerhard Schön alias Hege Wiedebusch, Ulrike Bührlen vom Urbanauten-Vorstand, Pfarrer Rainer Maria Schießler und Pfarrer Helmut Gottschling (vorne von links). (Foto: Stephan Rumpf)

Mit einer Protestaktion fordern Aktivisten einen Isar-Boulevard ohne Autoverkehr. CSU und Grüne streiten - die SPD setzt auf einen Kompromiss.

Von Heiner Effern und Andreas Schubert

Eines muss man Ober-Urbanaut Benjamin David lassen: Er weiß, wie man mit Aktionen Aufmerksamkeit erregt. Bei einer Demonstration für eine verkehrsberuhigte Straße am westlichen Isarufer haben er und seine Mitstreiter kurzerhand einen Rasen auf der Autofahrbahn ausgerollt, angeblich der gleiche Rollrasen, wie sie ihn in der Fröttmaninger Arena verwenden.

Aber FC-Bayern-Rasen hin oder her: David und diversen anderen Organisationen geht es um mehr als die bloße Show, und zwar darum, wie der Fluss wieder näher an die Stadt rücken kann, indem er nicht mehr vom Autoverkehr abgeschnitten wird. An diesem Mittwoch sollte das Thema im Stadtrat behandelt werden, aber wie es aussieht, wird es vertagt, weil nun auch die SPD offenbar davon abrückt, dass unbedingt alle Fahrspuren erhalten bleiben müssen. Das schlägt das Planungsreferat nach einer Verkehrsstudie vor. Der Aufschub kommt den Befürwortern eines Isar-Boulevards entgegen, die sich eine stark überarbeitete Vorlage wünschen. So waren unter den Demonstranten unter anderem die Grünen, der Bund Naturschutz, die Umweltorganisation Green City und der Fahrradklub ADFC und das Münchner Forum vertreten. Und weil das Ganze nur ein paar Meter von der Maximilianskirche entfernt stattfand, waren auch Pfarrer Rainer Maria Schießler und sein Kirchenpfleger Stephan Alof dabei.

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Dafür würde die Stadtratsfraktion auch den Verlust aller 120 Parkplätze hinnehmen. Und das soll erst der Anfang sein.

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Letzterer ist auch Wirt - so hatte er Häppchen und Bier im Holzfass mitgebracht. Das Isarufer als Erlebnisraum und Beitrag zum Klimaschutz: ohne Autoverkehr, dafür mit Lebensqualität. So stellen sich die Initiatoren das vor. Pfarrer Schießler meint: "Wenn ich keine Visionen und Träume mehr habe, dann geschieht gar nichts." Und der jahrzehntelang als Stadtplaner tätige Karl Klühspies, der vor 50 Jahren einen Autobahn-ähnlichen Ausbau der Isarparallele mit verhindert hat, sieht in der Verkehrsberuhigung am Ufer die Zukunft. Die sei längst überfällig.

Wie diese jedoch konkret aussehen wird, darüber herrscht noch Streit. Wie das Planungsreferat will etwa auch die CSU möglichst beide Autofahrspuren erhalten. Die anderen wie Urbanaut Benjamin David oder die Grünen träumen von einer Sperrung der Straße mit einer Zufahrt nur noch für Anwohner. Dies würde allerdings laut Gutachten den gesamten Verkehr in die umliegenden Wohnviertel drücken. Die SPD fordert deshalb nun, dass die Isarparallele in ein Gesamtkonzept für eine autofreie Innenstadt einbezogen wird. Jens Röver, Verkehrsexperte der Fraktion im Stadtrat, hält einen Kompromiss zwischen den beiden Extrempositionen für möglich. Man könne auch über die Idee diskutieren, wie Einbahnstraßen den Verkehr beruhigen könnten. Röver geht davon aus, dass das Konzept für eine autoberuhigte Innenstadt im Mai im Stadtrat diskutiert wird.

© SZ vom 27.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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