Nahverkehr:Zweite Stammstrecke für Münchner S-Bahn kommt

Stammstrecke Infographik

Der Verlauf der geplanten zweiten Stammstrecke. Bild: SZ-Grafik

  • Eine Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund, Freistaat und Bahn soll am späten Dienstagnachmittag unterzeichnet werden.
  • Die sieht höhere Kosten vor als bisher bekannt: Von 3,4 Milliarden Euro und mehr ist nun die Rede.
  • Der Freistaat wird etwa die Hälfte der Kosten tragen.

Von Heiner Effern, Marco Völklein und Wolfgang Wittl

Seit Jahren wird über den Bau und die Finanzierung eines zweiten S-Bahn-Tunnels unter der Münchner Innenstadt diskutiert, dieser Dienstag soll nun ein Ende aller Debatten bringen: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung soll am späten Nachmittag in der Staatskanzlei eine Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund, Freistaat und Bahn unterzeichnet werden. Die sieht offenbar sogar erheblich höhere Kosten für das Bauprojekt vor als bisher bekannt war: Von 3,4 Milliarden Euro und mehr ist nun die Rede.

Die S-Bahn-Stammstrecke ist eine der meistbefahrenen Bahnstrecken Europas und zentral für den Münchner Nahverkehr. 800 000 Fahrgäste passieren die Strecke täglich, alle S-Bahnen fahren dabei durch denselben, etwa vier Kilometer langen Tunnel. Die Strecke ist daher besonders störungsanfällig. Ausfälle und Verzögerungen wirken sich auf den gesamten Münchner S-Bahn-Verkehr aus. Seit Jahren sind die Planung und Finanzierung eines zweiten Tunnels Thema.

Am Dienstag um 16 Uhr wollen nun Ministerpräsident Horst Seehofer und seine Minister Markus Söder (Finanzen) und Joachim Herrmann (Verkehr) mit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (alle CSU) und Bahnchef Rüdiger Grube ein weiteres und offenbar letztes Mal über die Finanzierung des Milliardenprojektes verhandeln. Aus Regierungskreisen heißt es, dass zwar noch die endgültige Aufteilung der Kosten zu verhandeln sei, trotzdem aber mit einer Vertragsunterzeichnung gerechnet werde. Ministerpräsident Seehofer hatte zuletzt immer wieder betont, für wie notwendig er den Bau des Tunnels halte, um einen Verkehrsinfarkt in München zu vermeiden. Offenbar ist er deshalb auch bereit, höhere Kosten zu akzeptieren, als zuletzt veranschlagt worden waren.

Die Deutsche Bahn (DB) hatte im September 2015 die Kosten des Tunnelprojekts nach SZ-Informationen intern auf knapp 2,9 Milliarden Euro taxiert. Weitere 260 Millionen Euro hatten die Ingenieure des Konzerns für diverse Risiken eingeplant, beispielsweise für Unwägbarkeiten im Boden. Den frühesten Zeitpunkt für die Inbetriebnahme hatten die DB-Planer damals mit Dezember 2025 angegeben. Klar war aber auch immer, dass wegen der allgemeinen Kostensteigerung das Projekt immer teurer wird, je länger eine Entscheidung hinausgezögert wird. In den vergangenen Monaten war deshalb in der Staatsregierung schon von einem "Kostenkorridor" zwischen 3,1 und 3,8 Milliarden Euro die Rede.

Auch deshalb dürfte Seehofer jetzt an einem raschen Finanzierungsbeschluss und Baubeginn interessiert sein. Denn der Freistaat wird etwa die Hälfte der Kosten tragen. Bereits 2012 hatte der damalige Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) fast eine Milliarde Euro zusammengekratzt; zudem wurden in den vergangenen Jahren gut 500 Millionen Euro an "Ausgabenresten" gebunkert. Dieses Geld war eigentlich für den Bahnausbau vorgesehen, wurde aber vom Land nicht ausgegeben.

Unklar ist, aus welchen Finanztöpfen der Bund seinen Anteil von knapp 1,5 Milliarden Euro nehmen wird. Im für innerstädtische Projekte vorgesehenen Geldtopf stehen bislang 330 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung - allerdings für sämtliche Nahverkehrsprojekte in der Republik. Deshalb hatten zuletzt immer wieder Politiker fast aller Parteien nach "Sondertöpfen" gerufen, um den zweiten Tunnel zu finanzieren.

Die Bahn wollte sich bislang mit 133 Millionen Euro beteiligen, die Stadt mit 113 Millionen. Zudem zahlt sie 34 Millionen für eine neue Bahnunterführung in Laim. Münchens OB Dieter Reiter (SPD) zeigte sich erfreut, dass nach der jahrelangen Hängepartie nun die Finanzierung gesichert werden soll. Seehofer habe ihn am Wochenende darüber informiert. "Jetzt werden die Weichen für ein zukunftsfähiges und zuverlässiges S-Bahnsystem gestellt", sagte Reiter.

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