Münchner Firmen und Verkehr:Home Office für den Klimaschutz

Tern GSD Pedelec-Lastenrad Front Seite Standbild

Mit dem Einsatz von Fahrrädern verbrauchen die Kammerspiele 120 Liter Sprit im Jahr weniger.

(Foto: Tern)

Die Stadt erstickt im Stau - dabei kann jeder dazu beitragen, dass nicht so viele Autos auf den Straßen sind. Was Münchner Firmen dafür tun.

Von Andreas Schubert

Sie nehmen das Lasten-Pedelec statt des Transporters, sie ziehen Elektroautos Fahrzeugen mit herkömmlichen Verbrennungsmotoren vor oder sie lassen ihre Angestellten von daheim aus arbeiten, damit diese sich den Weg zum Büro sparen. Es sind kleine Maßnahmen, die dennoch große Wirkung zeigen: 500 000 gesparte Autokilometer, 64 Tonnen Kohlendioxid (CO₂) weniger pro Jahr - auf diese Bilanz kommen allein die acht Unternehmen, die sich dieses Jahr am Programm "Betriebliches Mobilitätsmanagement München" (BMM) beteiligt haben. Das Projekt will vorbildliche Konzepte fördern und zeigen, dass jede Firma dazu beitragen kann, die Luft in München sauberer zu bekommen.

380 000 Menschen pendeln jeden Tag nach München. Die Pendlerzahlen steigen stetig, alleine im vergangenen Jahr kamen weitere vier Prozent hinzu. Auch der Wirtschaftsverkehr kennt Staus und die Einbußen durch verstopfte Verkehrswege. Was die Firmen, die am BMM teilnehmen, machen, ist vielfältig. So verzichten zum Beispiel die Kammerspiele innerhalb der Stadt auf Autofahrten für kleinere Transporte, indem sie ein neu angeschafftes Lasten-Pedelec nutzen. Weil täglich mehrere Fahrten anfallen, zum Beispiel für den Requisiten-Transport, Botengänge oder Einkäufe, spart das Theater allein mit dem neuen Rad 120 Liter Sprit im Jahr. Zusammen mit anderen Maßnahmen wie der geplanten Anschaffung eines Elektro-Transporters sollen 900 Liter Sprit weniger verbrannt werden. "Es ist genug Verkehr in der Stadt", sagt Guntram von Loeffelholz, der Leiter der Betriebsinspektion der Kammerspiele. Außerdem mache es richtig Spaß, mit dem Lasten-Pedelec zu fahren.

Der Seniorenheim-Betreiber Münchenstift setzt ebenfalls auf Räder und Elektroautos. In einem ersten Schritt hat Münchenstift 20 Pedelecs angeschafft. Damit sollen die Mitarbeiter bei Fahrten zwischen den neun Häusern nicht mehr aufs Auto angewiesen sein. Laut Alexandra Boneff von Münchenstift kommen die Mitarbeiter so nicht nur umweltfreundlicher von Haus zu Haus, sondern auch zügiger. Von nächstem Jahr an wolle man den firmeneigenen Fuhrpark nach und nach auf elektrische Antriebe umstellen und in den Häusern eine Ladeinfrastruktur schaffen.

Insgesamt will Münchenstift künftig fast 21 000 Liter Sprit pro Jahr einsparen. Vor der Umstellung hat die Münchenstift auch ihre Mitarbeiter befragt und ihnen dann die Pläne vorgestellt. "Die Vorbildfunktion von Abteilungsleitungen", erklärt Boneff, "hilft sehr, die Mitarbeitenden zu begeistern und eigene Ideen einzubringen."

Die Digitalisierung trägt zusätzlich dazu bei, Treibhausgasemissionen zu senken. So setzt die Firma Zeppelin nicht nur auf verbesserte Angebote für Radler, sondern vermehrt auf Home Office und Videokonferenzen. Wie viele Emissionen so gespart werden, hat das Unternehmen nicht ausgerechnet. Da aber viele dienstliche Flugreisen wegfallen, dürfte es nicht unerheblich sein. Weitere Maßnahmen aus dem diesjährigen Programm waren unter anderem auch Schulungen für Mitarbeiter, um sie für umweltschonende Mobilität zu sensibilisieren, und die finanzielle Förderung von Tickets für den öffentlichen Nahverkehr. Die Stadt leistet zwar nicht direkt finanzielle Hilfen für die Umstellung auf umweltfreundliche Mobilitätskonzepte. Sie bietet aber Beratung und Workshops an. Die nächste Runde ist bereits ausgeschrieben. Wer sich 2019 an dem Programm beteiligt, ist nach Angaben des Wirtschaftsreferats allerdings noch offen.

Die Beispiele des aktuellen Jahrgangs sind nur ein paar von vielen Beiträgen, um die Luft in der Stadt sauberer zu machen und den Ausstoß von CO₂ zu verringern. 5500 Tonnen des Treibhausgases werden inzwischen durch alle BMM-Maßnahmen nach einer inoffiziellen Schätzung des Wirtschaftsreferates jährlich eingespart, die genauen Werte lassen sich aber nicht ermitteln, da nicht alle Firmen Angaben dazu machen.

In den nächsten drei Jahren will die Stadt 92 Millionen Euro in ihr Klimaprogramm investieren

Das Ergebnis täuscht allerdings nicht darüber hinweg, dass noch vieles zu tun ist in der Landeshauptstadt. Denn der Gesamtausstoß liegt bei etwa 7,9 Millionen Tonnen Kohlendioxid - die Zahl stammt aus dem Jahr 2014 und ist die aktuellste Angabe des Ökoinstituts. Das entspricht etwa 5,3 Tonnen CO₂-Ausstoß pro Kopf. Zählt man den Ausstoß aller Treibhausgase, zum Beispiel Methan, zusammen, kommt jeder Münchner sogar auf 6,5 Tonnen jährlich.

Dagegen will die Stadt nun mit ihrem neuen Klimaschutzprogramm zumindest etwas konsequenter vorgehen. Bis 2030 soll der Ausstoß auf drei Tonnen sinken, bis 2050 auf 0,3 Tonnen. Das soll mit 113 einzelnen Maßnahmen geschehen. Dazu gehören unter anderem energetische Maßnahmen an Häusern und Strom sparende Straßenbeleuchtung, Eigentlich sollte das Klimapaket längst beschlossen sein. Der Stadtrat sah in seiner jüngsten Plenarsitzung allerdings noch weiteren Klärungsbedarf und vertagte die Angelegenheit in den November.

Die Kosten von 92 Millionen Euro von 2019 bis 2021 hat der Stadtrat allerdings schon mal abgesegnet. Nach Einschätzung externer Fachleute könnte mit dem aktualisierten Klimaprogramm jährlich bis zu 1,2 Millionen Tonnen CO₂ gespart werden. Das Klimaschutzziel 2050 werde damit aber nicht erreicht.

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