Konflikt:Stadt stellt sich gegen Veranstaltungen, die einen Israel-Boykott unterstützen

  • Veranstaltungen zum Nahost-Konflikt: Die Stadtratsfraktionen von SPD und CSU stellen sich gegen die Kampagne BDS.
  • Sie ruft zum wirtschaftlichen und kulturellen Boykott Israels auf.
  • Die Stadt München hingegen bekenne sich zum Existenzrecht Israels und zu dessen Recht auf Selbstverteidigung.

Von Jakob Wetzel

Im Dauerstreit über Veranstaltungen zum Nahost-Konflikt bezieht Münchens Rathauskoalition deutlich Position: In einem am Dienstag veröffentlichten Antrag stellen sich die Stadtratsfraktionen von SPD und CSU vehement gegen die Kampagne BDS ("Boycott, Divestment, Sanctions") und deren Unterstützer.

Die Kampagne ruft zum wirtschaftlichen und kulturellen Boykott Israels auf; die Stadt hingegen bekenne sich zum Existenzrecht Israels und zu dessen Recht auf Selbstverteidigung, heißt es in dem Antrag. Der "antisemitischen BDS-Kampagne" dürfe sie keine städtischen Räume zur Verfügung stellen und weder Veranstaltungen noch Gruppen oder Personen unterstützen, die entsprechende Ziele verfolgen.

In Deutschland werde Antisemitismus zunehmend als vermeintliche Kritik an Israel artikuliert, begründen die Stadträte ihren Antrag. Dabei spielten die Boykottkampagne und deren Unterstützer eine herausgehobene Rolle; konkret erwähnen SPD und CSU die "Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe München" (JDPG), die zuletzt mehrfach zu umstrittenen Vorträgen eingeladen hatte. Die Stadt solle jede Unterstützung für den Boykottaufruf unterbinden, heißt es: "Weder die Zielsetzung der BDS-Kampagne noch die antisemitische Stimmungsmache, die mit dieser einhergeht, sind vereinbar mit einer demokratischen, respektvollen und offenen Stadtgesellschaft."

Hintergrund des Antrags ist ein Konflikt, der in München seit Monaten schwelt. Wiederholt sind hier Veranstaltungen als einseitig oder gar als antisemitisch in die Kritik geraten, mehrere wurden abgesagt. Erstmals kam es im November 2015 zum Eklat: Nach einem von der JPDG organisierten Vortrag über BDS im Gasteig verfügte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), "solche Veranstaltungen" werde die Stadt nicht mehr unterstützen. Im September 2016 entzog das Kulturreferat dann dem Verein "Salam Shalom" Räume im Eine-Welt-Haus, das der Stadt gehört.

Der Verein hatte zum Vortrag über den "hierzulande hysterisierten Antisemitismusvorwurf" geladen und dazu geschrieben, das "zionistische Projekt" wolle Palästina ethnisch säubern. Zuletzt war erneut der Gasteig in die Kritik geraten, weil Gideon Levy, Autor der israelischen Tageszeitung Haaretz, dort über "50 Jahre Besatzung" sprechen durfte. Er nannte dabei auch den Boykottaufruf gegen Israel legitim. Veranstalter war die JPDG.

Israelitische Kultusgemeinde spricht von lange ersehntem Signal

All das habe mit zu dem Antrag geführt, sagt Stadtrat und Mitunterzeichner Marian Offman (CSU). Hinzu komme, dass das Eine-Welt-Haus sich nicht von "Salam Shalom" getrennt habe. Der Beirat des Hauses hatte zwar im März beschlossen, befristet keine Räume mehr an den Verein zu vergeben. Die Mitgliederversammlung des Eine-Welt-Hauses war diesem Votum aber nicht gefolgt. Mit dem Antrag könnte die Stadt ihre Haltung nun dennoch durchsetzen, sagt Offman. Er hoffe, der Antrag könne noch im Herbst beschlossen werden.

Kritik äußerten am Dienstag die Stadtrats-Grünen. "Wir teilen die klare Haltung gegen Antisemitismus, und wir halten auch die BDS-Kampagne für problematisch und wollen sie nicht unterstützen", sagt Fraktionschef Florian Roth. Wenn man aber keine Räume mehr an jemanden vermieten dürfe, der je positiv über BDS geredet habe, treffe das im Extremfall auch auf Redner wie Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu zu, sollte der über Südafrikas Apartheidpolitik sprechen wollen. Einzelne Formulierungen gingen zu weit. Die Israelitische Kultusgemeinde nennt den Antrag hingegen ein lange ersehntes Signal. Es sei unerträglich, dass München zuletzt von Gruppen, die mit BDS sympathisierenden, als Agitationsraum missbraucht worden sei, sagt Präsidentin Charlotte Knobloch.

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