Ludwigsvorstadt:Wahlkampfrestmüll

Wahlplakate zur Landtagswahl 2018 in Bayern sind in München zu sehen Natascha Kohnen SPD Haltun

Wahlplakate im Stadtraum: Für die CSU bedeuten sie "Werbung für Demokratie", für die Grünen ist die "Plakatflut" ein Ärgernis.

(Foto: Imago)

Die Porträts der Landtagskandidaten hängen noch, da werden schon die Bewerber für Europa präsentiert. Grüne/Rosa Liste und SPD in der Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt fordern nun zentrale, kommunale Plakattafeln

Von Birgit Lotze, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Die Landtagswahl ist bereits seit viereinhalb Monaten entschieden, doch immer noch lächeln damalige Kandidaten von Plakatständern. Dabei stehen bereits die Wahlen zum Europäischen Parlament und eine neue Plakatierungswelle an. Der Fraktion Grüne/Rosa Liste im Bezirksausschuss Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt geht das gegen den Strich. Mit Unterstützung der SPD haben sie deshalb den Antrag bei der Stadt eingebracht, dass künftig an zentralen Plätzen im Stadtgebiet Wahlplakattafeln aufgestellt werden sollen - ausschließlich dort.

Das Prinzip sei nicht neu: Es gebe bereits Kommunen, die Wahlplakate nur noch an kommunalen Tafeln erlauben, Paris zum Beispiel, und - in Münchner Nähe - Holzkirchen, Starnberg, Ebersberg, Rosenheim. Da diese Plakattafeln nach der Wahl zentral entfernt würden, werde das Verschleppen und Vermüllen vermieden, begründete Benoît Blaser, Sprecher der Grünen im BA Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt, den Vorstoß. Auf den Tafeln seien auch alle Parteien gerecht im öffentlichen Raum vertreten. Und Verkehrsteilnehmer profitierten ebenfalls, da die Wahlplakatständer oft die Sicht verstellten, sagte Blaser weiter. Eigentlich geht es den Grünen aber um mehr. Die "Plakatflut" sei über Jahre gewachsen, klagt Blaser. Und die Flächen in der Stadt würden immer knapper. Jeder Zentimeter im Viertel werde zugepflastert, sagt Silvia Haas. "Die großen Wände empfinde ich dagegen als sehr entspannend."

Mehr als 65 000 Plakate von 17 Parteien wurden im Landtagswahlkampf in München aufgestellt, das sind etwa 5000 mehr als im Bundestagswahlkampf im Jahr zuvor. So viele wurden jedenfalls beim Kreisverwaltungsreferat (KVR) beantragt. Spätestens 14 Tage nach der Wahl müssten die Plakate nach den Vorgaben entfernt werden. Wenn nicht, sei das eine Ordnungswidrigkeit und könne mit einer Geldbuße belegt werden, heißt es im KVR: bis zu 50 Euro je Plakatständer. Bei den vergangenen Wahlen seien nach zwei Wochen nie alle weg gewesen, sagt ein Sprecher. "Dann schicken wir einen Rundbrief raus mit einer neuen Frist von ein bis zwei Wochen. In der Regel hat das bisher ausgereicht." Über die genauen Standorte habe die Stadt keine Informationen, die Parteien bestellten nach Stadtvierteln, innerhalb derer könnten sie frei wählen, müssten dabei nur Auflagen zur Verkehrssicherheit beachten.

Dass einige Wahlplakate in München nicht entfernt werden, sei wohl eher ein Vollzugsproblem, kritisierte CSU-Sprecher Florian Florack im BA. Die Stadt solle die städtische Plakatierungsverordnung strikter anwenden und Bußgelder einfordern. Vielleicht müsse man diese auch verschärfen. Eine Konzentration der Wahlwerbung auf einzelne Plätze sieht Florack jedoch als problematisch an. Dann werde vielleicht nicht jeder Bewohner mit den Plakaten konfrontiert. Wahlplakate bedeuteten für ihn Werbung für Demokratie, so der CSU-Sprecher. "Man ist im Einsatz für die Wahlbeteiligung."

Die Plakatierung an der Isarpromenade werde nicht als Werbung, sondern als Belästigung empfunden, widersprach Barbara Turczynski-Hartje (SPD), deren Konterfei bei der Landtagswahl an vielen Ecken zu sehen war. In der Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt sei alles mit Plakaten zugestellt gewesen, findet Turczynski-Hartje. "Die Fülle hat keinen Mobilisierungseffekt, das ist optische Überwältigung." Sie warb für einen Plakatwand-Modellversuch im Stadtbezirk, dann könne man überprüfen, ob die Mobilisierung in diesem Viertel tatsächlich geringer sei als in anderen.

Der stellvertretende BA-Vorsitzende Martin Ruckert (CSU) fand die Argumentation für zentrale Plakatwände hingegen als generell nicht stichhaltig. Wer politisch im öffentlichen Raum unterwegs sei, solle nicht gegängelt werden. Parteien sollten sich unreglementiert äußern dürfen, sagte er. Arne Brach (Grüne) konterte, dass es im Landtagswahlkampf auf einigen Plakaten nicht um politische Inhalte gegangen sei, "sondern darum, eine Landschaft zu vermüllen". Er äußerte die Hoffnung, die Parteien würden sich auf einer gemeinsamen Wand auf eine vernünftige Botschaft konzentrieren und "Bockmist" vermeiden.

Die städtischen Behörden arbeiten gerade an einem neuen Konzept für die Plakatierungsverordnung. Dabei geht es vor allem um die Platzierung von Wahlplakaten und um die Höhe, in der sie anzubringen sind. Striktere Platzierungsvorgaben würden die Zahl der Plakate automatisch reduzieren, heißt es dazu im KVR - zum Beispiel über die Bedingung, dass die Plakatständer Bodenkontakt haben müssen. Zu diesem Thema stimme sich das KVR gerade ab, der Stadtrat habe ebenfalls noch mitzureden. Ein generelles Verbot von Wahlwerbung im öffentlichem Raum halte man für nicht umsetzbar, so der KVR-Sprecher. Eine zum Verbot geeignete Definition sei nur schwer möglich.

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