Literatur:"Das Vokabular sollte einfach sein"

Literatur: Eva Dix verzichtet auf Mundart und Umgangssprache, erklärt seltene Wörter und lässt viele Details weg.

Eva Dix verzichtet auf Mundart und Umgangssprache, erklärt seltene Wörter und lässt viele Details weg.

(Foto: privat)

Eva Dix hat einen Krimi von Robert Hültner in Leichte Sprache übersetzt

Interview von Ellen Draxel, Schwabing

Literatur ist ein Vergnügen, das zu genießen nicht alle Menschen das Glück haben. Millionen von ihnen fällt das Lesen schwer - weil sie ein Handicap haben, weil Deutsch nicht ihre Muttersprache ist oder weil ihnen das Lernen Schwierigkeiten bereitet. Um diesen Menschen mehr als nur Kinderbücher anbieten zu können, haben der Bezirk Oberbayern und der Verlag "Spaß am Lesen" Robert Hültners Krimi "Am Ende des Tages" in Einfache Sprache übersetzen lassen - von Eva Dix, die lange bei einem Kinder- und Jugendbuchverlag gearbeitet und mehrere Fortbildungen zum Thema Leichte Sprache absolviert hat.

SZ: Um was geht es in Hültners Buch?

Eva Dix: Der Krimi ist der letzte Band einer erfolgreichen Reihe um den entlassenen Polizeiinspektor Paul Kajetan. Die Handlung spielt im Oberbayern der Zwanzigerjahre und verbindet regionale Eigenheiten, Zeitgeschichte und zwei ungelöste Kriminalfälle: den Absturz eines Flugzeuges in den Chiemgauer Alpen und den unerklärlichen Mord an einer Bäuerin.

Ein ziemlich komplexer Plot.

Ich habe mich bei der Übersetzung auf die beiden Handlungsstränge und den roten Faden konzentriert, ansonsten viel weggelassen. Vor allem Politisches, aber auch Nebenschauplätze. Dafür gibt es ein Vorwort, das den historischen Zeitgeist erklärt und Zusammenhänge herstellt. Von ursprünglich 316 Seiten im Original sind 144 übrig geblieben.

Ein Buch lebt ja auch durch seinen Sprachduktus. Wie haben Sie es geschafft, den Charme des Krimis zu erhalten und trotzdem schwer Verständliches im Text zu umschiffen?

Ich achte darauf, dass die Sätze nicht viel mehr als zehn Wörter haben. Und nicht mehr als ein Komma. Das Vokabular sollte möglichst einfach sein, ohne Fremdwörter und komplexe Stilfiguren. Zusammengesetzte Begriffe wie Tabak-Geruch, Kriminal-Polizei, Glücks-Gefühl oder Melde-Amt werden in vereinfachten Texten mit Bindestrichen getrennt, damit sie für den Leser leichter erkennbar sind. Im Buch von Robert Hültner findet sich auch viel Mundart und Umgangssprachliches, Wörter wie "Bagasch" zum Beispiel. Oder: "Du bist ein Lapp". Solche Ausdrücke habe ich, mit wenigen Ausnahmen, verändert. Dialekteinfärbungen kann man ja auch nicht im Duden nachschlagen, wenn man sie nicht versteht.

Die "feschen Mannsbilder" sind aber drin geblieben...

Ja, das ist so eine Ausnahme. Auch auf Begrifflichkeiten wie Demokratie, Republik oder Alibi habe ich nicht verzichtet. Für diese Ausdrücke gibt es hinten im Buch ein Glossar. Das Wort "Ballen" wird dort zum Beispiel als "zusammengerollter Stoff" erklärt. Eine "Magd" ist ein "alter Name für eine weibliche Person, die auf dem Bauernhof hilft", und eine "Pension" ein "kleines Hotel". Um dem Leser den Überblick zu erleichtern, haben wir ins Buch außerdem eine Personenliste, ein Inhaltsverzeichnis und Kapitel mit Überschriften eingefügt.

An diesem Dienstag, 24. Oktober, wird das Buch um 19 Uhr im Forum am Luitpold der Stiftung Pfennigparade an der Belgradstraße 106 vorgestellt. Der Autor Robert Hültner und die Schauspielerin Luisa Wöllisch von der Freien Bühne München lesen aus dem von Eva Dix in Einfache Sprache übersetzten Krimi. Außerdem ist eine Podiumsdiskussion über die Bedeutung von Literatur in Einfacher Sprache geplant.

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