Kulturzentrum:Stadtrat: Gasteig soll generalsaniert werden

Im Stadtrat wird scharf um die Zukunft das Gasteig gestritten.

Verwirrende Monate um den Gasteig: Nun herrscht Klarheit über die Positionen.

(Foto: Florian Peljak)
  • Der Stadtrat diskutiert darüber, was mit dem Gasteig passieren soll: eine Generalsanierung - oder eine weniger umfangreiche Grundsanierung?
  • Die Mehrheit hält an der Generalsanierung fest. Die soll etwa 500 Millionen Euro kosten.
  • Die SPD dagegen will nur die Grundsanierung für etwa 300 Millionen Euro. Damit steht sie im Stadtrat völlig isoliert da.

Von Heiner Effern

Berlin hat den offenbar ewig währenden Ärger mit dem neuen Flughafen gepachtet, Hamburg musste die Kostenexplosion bei der Elbphilharmonie verkraften, und nun diskutiert München darüber, wie bei der Sanierung des Gasteig eine ähnliche Blamage verhindert werden kann. Knapp eine halbe Milliarde Euro soll die Totalüberholung eines der größten Kulturzentren Europas kosten, und trotz rechtlicher Probleme wird die Stadt dieses Ziel weiter auf dem bisher eingeschlagenen Weg verfolgen. Der Aufsichtsrat des Gasteig soll versuchen, die im ersten Anlauf gescheiterte Vergabe der Generalsanierung an ein Architekturbüro erfolgreich abzuschließen. Dafür sprach sich die Mehrheit des Stadtrats aus.

Die Abstimmung darüber hatten die Grünen erzwungen. Sie wollten nach den verwirrenden Wochen und Monaten mit immer neuen Details über die Fehler im Wettbewerb und der abschließenden Vergabe politisch Klarheit schaffen. Das ist ihnen gelungen: Die SPD und mit ihr Oberbürgermeister Dieter Reiter stehen mit ihrer Kehrtwende zu einer reinen Grundsanierung und einer Ertüchtigung des Konzertsaals vollkommen isoliert da.

Die FDP lehnt die Generalsanierung ebenfalls ab, fordert dafür aber einen Neubau, am liebsten auf dem Gelände der ehemaligen Paketposthalle im Münchner Westen. Damit könnte sich der eine oder andere Stadtrat eventuell anfreunden, wenn das Schlamassel um die Vergabe nicht zu lösen ist. Doch vorerst wollen der Rest des Gremiums, Kulturreferent Hans-Georg Küppers (SPD) und der für den Gasteig verantwortliche Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) mit möglichst wenig Zeitverzug die Generalsanierung angehen.

Besonders die Grünen nutzten die Debatte zu einem Generalangriff auf das gespaltene Rathausbündnis aus SPD und CSU. Eine "Kette aus Pleiten, Pech und Pannen" bei den Verantwortlichen lasse München eher wie das legendäre Schilda dastehen denn als heimliche Kulturhauptstadt, sagte Fraktionschef Florian Roth. "Wechselseitige Missgunst und Kommunikationsverweigerung" an der Stadtspitze habe eine explosive Mischung erzeugt.

Besonders die SPD ging Roth hart an. Seine Botschaft: Zuerst haben die Sozialdemokraten rechtlichen Ärger mit Pressemeldungen aufgebracht, dann haben sie Fahnenflucht begangen und verfolgen nun einen völlig destruktiven Kurs. Mehrmals fragte Roth rhetorisch nach ausgearbeiteten Vorschlägen, nach einem Zeitplan für deren Alternative, nach einer Mehrheitssuche. Die Antworten gab er selbst: "Was kam? Nix!"

Sanierungspläne: Laut Reißl ein "toter Gaul"

Auch die Linken und die Freien Wähler kritisierten die Sozialdemokraten mit deutlichen Worten. "Ich kann die SPD nicht verstehen", sagte Linken-Stadträtin Brigitte Wolf. Eine Rückkehr zur bereits verworfenen Grundsanierung ist doch "genauso unsicher". Wenn die Generalsanierung scheitere, dann gebe es aus ihrer Sicht nur noch die Alternative "Abriss und Neubau". Freie-Wähler-Stadträtin Ursula Sabathil hielt der SPD vor, sich mit der Konzentration auf den Konzertsaal mit den Philharmoniebesuchern zu solidarisieren, den Nutzern der Bibliothek und der Volkshochschule dagegen keine Verbesserungen zu "gönnen".

SPD-Fraktionschef Alexander Reissl reagierte verärgert. Der Rest des Stadtrats stecke bei den rechtlichen Problemen und den wohl noch folgenden Schwierigkeiten mit den Urheberrechten der Alt-Architekten "den Kopf in den Sand". Die Generalsanierung und deren Vergabe seien endgültig "gescheitert". Die finanziellen Risiken eines Weiter-so seien nicht beherrschbar. "Ich weiß nicht, warum man unbedingt auf einem toten Gaul weiterreiten soll", sagte Reissl. Die SPD will deshalb die Grundsanierung für 300 Millionen Euro umsetzen.

Wie blank die Nerven liegen, zeigte sich bei der Rede des CSU-Kultursprechers Richard Quaas. Dieser positionierte seine Partei klar für die Generalsanierung, verschonte aber den abtrünnigen Koalitionspartner durch ein langes Mäandern weitgehend. Trotzdem brüllte SPD-Mann Reissl dazwischen, Quaas solle aufhören "Blödsinn" zu reden. Daraufhin konterte Quaas mit den Worten, Reissl solle sich mal schnell beruhigen. "Ich habe mir deinen Schmarrn auch angehört."

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