Islamfeindlichkeit:Michael Stürzenberger: Einsam am rechten Rand

Michael Stürzenberger von der Partei "Die Freiheit"

Michael Stürzenberger wurde im Herbst vom Grazer Landesstrafgericht wegen Volksverhetzung verurteilt.

(Foto: Catherina Hess)
  • Der Rechtspopulist Michael Stürzenberger sammelt erneut Unterschriften gegen das geplante Islam-Zentrum des Penzberger Imams Benjamin Idriz.
  • Ein erster Anlauf für einen Bürgerentscheid gegen das Projekt war gescheitert, weil Stürzenberger falsche Behauptungen darüber verbreitet hatte.
  • Ob das Islam-Zentrum unabhängig von Stürzenbergers Initiative verwirklicht werden kann, ist offen: Bisher konnte Idriz noch kein transparentes Finanzierungskonzept vorlegen.

Von Dominik Hutter

Ich finde, dass Sie hier gegen Menschen hetzen", sagt die junge Frau ins Mikrofon. "Sie sollten nach Hause gehen." Der Beitrag aus dem Publikum ist nicht gerade das, was Michael Stürzenberger hören will. Aus der Fassung bringen lässt er sich freilich nicht.

Der Mann im schwarz-weißen Hemd tingelt seit vielen Jahren von Anti-Islam-Veranstaltung zu Anti-Islam-Veranstaltung, er hat Erfahrung mit öffentlichen Auftritten. "Ich habe nicht gehetzt", behauptet Stürzenberger - was nicht einer gewissen Komik entbehrt, da er nur wenige Minuten zuvor doziert hatte, Christen träten niemals fordernd auf, Muslime aber sehr wohl.

Lange Zeit war es ruhig um den Bundesvorsitzenden der Kleinpartei "Die Freiheit", nun hat der 51-Jährige wieder eine Bühne für sich entdeckt. Eine altvertraute allerdings. Stürzenberger sammelt erneut Unterschriften gegen das geplante Islamzentrum des Penzberger Imams Benjamin Idriz, er will doch noch "seinen" Bürgerentscheid. Im ersten Anlauf war er am Rathaus gescheitert, dessen Rechtsamt das Bürgerbegehren wegen zahlreicher falscher Behauptungen für juristisch unzulässig erklärt hatte.

Die von Stürzenberger als "antidemokratisch" angeprangerte Rechtsexpertise wurde vom Verwaltungsgericht bestätigt, die nächsthöhere Instanz hat noch nicht entschieden. Die Rathaus-Juristen hatten unter anderem bemängelt, dass das Projekt viel zu unkonkret sei, um darüber abstimmen zu lassen und dass die Initiatoren fälschlicherweise behauptet hatten, Idriz werde vom Verfassungsschutz beobachtet.

Bei seinem samstäglichen Auftritt auf dem Marienplatz versucht Stürzenberger erkennbar, diese Fehler nicht zu wiederholen. Es geht nun nicht mehr gegen eine angebliche Großmoschee am Stachus, sondern gegen ein Islamzentrum an der Dachauer Straße 110. Und Idriz sei "zeitweise" beobachtet worden.

Das stimmt. Was Stürzenberger allerdings verschweigt: Er taucht selbst im bayerischen Verfassungsschutzbericht auf. Als zentrale Figur der verfassungsschutzrelevanten islamfeindlichen Szene, die alle Muslime als potenzielle Extremisten und Terroristen verunglimpfe.

Das Interesse der Münchner an der lautstarken Anti-Islam-Agitation hält sich in Grenzen. Zwar schreitet immer wieder mal jemand an der Polizeiabsperrung vorbei und gibt seine Unterschrift ab. Bis auf eine Handvoll Gegendemonstranten, die auf einstudierte Sprechchöre setzen, regt sich aber niemand demonstrativ auf. Kopfschütteln und ein paar Kraftausdrücke beim Weggehen mal ausgenommen.

Ob der zweite Anlauf, der ja eigentlich das Eingeständnis des Scheiterns in Runde eins bedeutet, zu einem Bürgerentscheid führt, ist offen. 2014 hatte Stürzenberger nach eigenen Angaben rund 64 000 Unterschriften beisammen, benötigt werden nur rund 34 000. Es ist allerdings nicht unwahrscheinlich, dass das Islam-Zentrum von alleine kippt, während die "Freiheit" noch sammelt.

Denn Ende Juni läuft die letzte Frist aus, zu der Idriz der Stadt die Finanzierung des Projekts nachweisen muss. Nur wenn die ersten Millionen für das städtische Grundstück sowie ein schlüssiges und transparentes Finanzierungskonzept zumindest für den ersten Bauabschnitt vorliegen, kommt der Deal zum Tragen. Im Rathaus herrscht längst Skepsis, dass Idriz nach so vielen Jahren noch einen Investor auftreibt.

Aktuell gebe es nichts Neues, erklärt der Imam. Was auch bedeutet: Der vor Monaten angekündigte Wohltäter aus Saudi-Arabien hat bislang offenbar kein Geld überwiesen. Dass die Frist nicht mehr verlängert wird, gilt im Rathaus als ausgemacht. Das Grundstück nahe des Leonrodplatzes würde dann anderweitig verwendet, wahrscheinlich für den Wohnungsbau.

Stürzenberger, davon gehen Beobachter aus, kann Publicity gut gebrauchen. Denn die vergangenen Jahre liefen nicht gut für den früheren Pressesprecher der Münchner CSU. Erst die Kommunalwahl mit kläglichen 0,6 Prozent, dann ein fortschreitender Bedeutungsverlust. Das Anti-Islam-Thema beherrschen inzwischen AfD und Pegida, Stürzenbergers Mitmachversuche über den Ableger "Bagida" sind Vergangenheit. Auch vor Gericht hat der gelernte Fernsehjournalist schon Routine. Im Herbst verurteilte ihn etwa das Grazer Landesstrafgericht wegen Volksverhetzung zu einer Bewährungsstrafe.

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