Gräfelfing:Zwischen Pest und Cholera

Erster Mobilfunkmast nach den Richtlinien des "Gräfelfinger Modells" genehmigt

Von Annette Jäger, Gräfelfing

Ein 40 Meter hoher Mobilfunkmast des Telekommunikationsunternehmens Telefónica wird demnächst nahe der Gräfelfinger Jahnstraße aufgestellt. Es ist der erste Mast, der im Rahmen des "Gräfelfinger Modells" errichtet wird. Das Modell erlangte bundesweit Bekanntheit, weil die Gemeinde als erste Kommune vor zehn Jahren drei Standorte festgelegt hat, an denen Masten errichtet werden dürfen - alle anderen bisherigen Standorte müssen nach und nach bis 2022 abgebaut werden. So will die Gemeinde dem "Wildwuchs" an Antennen auf den Hausdächern Herr werden, wie es Bürgermeistern Uta Wüst (Interessengemeinschaft Gartenstadt Gräfelfing) in der Sitzung des Bauausschusses am vergangenen Donnerstag ausdrückte. Der Telefónica-Mast wurde von den Gemeinderäten befürwortet.

Das Aufstellen von Mobilfunkmasten ist immer ein heikles Thema, keiner will den Mast vor der Haustür haben, doch jeder wünscht guten Handy-Empfang. Eine wirklich gute Lösung gibt es nie, ließ Wüst in der Sitzung anklingen, die Entscheidung, wo Masten errichtet werden, sei immer wie für "Pest oder Cholera" oder auch eine Abwägung "Ortsbild gegen Gesundheit": Entweder lasse man kleinere, unauffälligere Antennen auf Hausdächern zu, die dafür schädlichere Strahlung abgäben oder man erlaube wenige große Masten an ausgewiesenen sogenannten Positivstandorten, die verträglicher seien, dafür hässlich, weil sie sehr hoch sein müssen. In dieser Hinsicht ist gerade die grüne Gartenstadt, als die sich Gräfelfing rühmt, ein Nachteil: die vielen hohen Bäume in den Gärten sind Störfaktoren. Deshalb müssen die Masten besonders hoch sein.

Der neue Mast nahe der Jahnstraße sei gar nicht so sichtbar, sagte Wüst. Er liege im Wald beim TSV, kein Wohngrundstück schließe unmittelbar an. Man müsse schon den Blick bewusst nach oben richten, um den Masten zu sehen. Wüst hatte in die Bauausschusssitzung extra den Ingenieur und Mobilfunkexperten Hans Ulrich-Raithel vom Umweltinstitut München geholt, der bestätigte, dass es keine neuen Techniken gebe, die die Masten verzichtbar machten. Mit den Positivstandorten, die in den Bebauungsplänen verankert sind, hat die Gemeinde einen Rechtsanspruch auf die Masten geschaffen. Gegen den Telefónica-Mast kann die Gemeinde also gar nichts tun. "Es wird immer einen treffen, der den Masten vor sich hat", sagte Marion Appelmann (CSU).

Zu Beginn der Debatte hatte Ralf Brandtner (SPD) den Antrag gestellt, den Gemeinderatskollegen Frank Sommer (Grüne /Unabhängige Liste) von der Debatte und Abstimmung auszuschließen wegen angeblicher "persönlicher Beteiligung". Sommer sei beruflich involviert in die Sache. "Es ist abstrus, was Sie da fordern", reagierte Wüst auf den Antrag. Sommer bestätigte, nichts mit dem Antragsteller Telefónica zu tun zu haben, "im Gegenteil". Der Antrag wurde abgelehnt.

Inzwischen gibt es Bestrebungen, das Gräfelfinger Modell auf die anderen Würmtalgemeinden, insbesondere Krailling und Planegg, zu übertragen. Die Idee ist, ein gemeinsames Konzept für Standorte zu entwerfen, sodass Mobilfunkmaste große Gebiete versorgen, über die Gemeindegrenzen hinaus, und damit den ein oder anderen Masten überflüssig machen. Erste Untersuchungsergebnisse wurden bereits auf Bürgermeisterebene vorgestellt, sagte Wüst. Demnächst wird das Thema in den Fraktionen diskutiert. Eines ist jetzt schon klar: Für den strittigen Standort am Neunerberg, an der Gemeindegrenze zwischen Gräfelfing und Planegg, sei noch keine Alternative gefunden, so Wüst. Ein Mast müsste hier mehr oder weniger auf der freien Wiese aufgestellt werden, würde dafür aber große Wohngebiete in Planegg und Gräfelfing abdecken.

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