Dritte Startbahn:Gegner wollen in die nächste Instanz gehen

Demo, Marienplatz, Aktion gegen die geplante dritte Startbahn, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN

Zwei Jahre nach dem Bürgerentscheid erinnern Startbahn-Gegner auf dem Marienplatz, dass die Münchner gegen den Bau gestimmt hatten.

(Foto: Florian Peljak)

Obwohl das Startbahn-Urteil eine Revision nicht zulässt, kämpfen die Gegner weiter. Sobald es schriftlich vorliegt, wollen sie Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einreichen. Die Staatsregierung versucht indes das Projekt über einen Umweg zu realisieren.

Von Marco Völklein

Derzeit liest Christine Margraf relativ viel. Eine "ganze Menge Urteile" habe es in der letzten Zeit gegeben, die die Artenschutz-Referentin beim Bund Naturschutz (BN) auch anwenden möchte auf die juristische Auseinandersetzung um die geplante dritte Start- und Landebahn am Münchner Flughafen. "Noch im Juni" erwartet Margraf die schriftliche Begründung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (VGH), der ja im Februar die Baugenehmigung für die dritte Piste im Erdinger Moos bestätigt - und die Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig nicht zugelassen hatte.

Doch Margraf und ihre Mitstreiter wollen nicht aufgeben: Sobald das Urteil in Schriftform vorliegt, wird der BN wie auch die anderen Kläger, darunter die Stadt Freising, eine Nichtzulassungsbeschwerde in Leipzig einreichen. "Wir werden auf jeden Fall in die nächste Instanz gehen", sagt auch die Freisinger Bürgermeisterin Eva Bönig (Grüne).

Bindungswirkung des Bürgerentscheids ist ausgelaufen

Allerdings hat der Dauerstreit um die dritte Startbahn nicht nur eine juristische, sondern vielmehr auch eine politische Dimension. So erinnerten am Dienstag die Startbahn-Gegner mit einer Protestaktion vor dem Rathaus daran, dass die Münchner bei einem Bürgerentscheid vor exakt zwei Jahren sich mit 55,4 Prozent gegen den Bau der dritten Piste im Erdinger Moos gestellt hatten.

Seither ist die Stadt, die 23 Prozent an der Betreibergesellschaft des Flughafens hält, verpflichtet, in der Gesellschafterversammlung des Airports gegen das Projekt zu stimmen. De facto liegt die Piste damit auf Eis; denn die Regularien sehen Einstimmigkeit der Gesellschafter in dieser Frage vor.

Allerdings ist die juristische Bindungswirkung des Bürgerentscheids bereits vor einem Jahr ausgelaufen. Startbahn-Gegner wie der Landtagsabgeordnete Michael Piazolo (Freie Wähler) sehen indes weiter eine "politische und eine moralische Verpflichtung, dass sich die Stadtspitze weiter an den Bürgerentscheid hält". Im Wahlkampf hatten der neue Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) wie auch der neue Zweite Bürgermeister Josef Schmid (CSU) versichert, sie würden sich weiterhin an das Bürgervotum aus dem Sommer 2012 halten - allerdings mit der Einschränkung, sofern keine anderen Fakten vorliegen.

Genau darauf allerdings setzen Ausbaubefürworter wie Flughafenchef Michael Kerkloh: Er glaubt fest daran, dass über kurz oder lang die Zahl der Flugbewegungen am Münchner Flughafen wieder steigen wird - und er damit auch wieder deutlicher machen kann, dass der Airport die dritte Bahn aus Sicht der Betreibergesellschaft dringend benötigt. Gut möglich also, dass irgendwann einmal bei wieder steigenden Flugbewegungszahlen der Ausbau des Airports erneut ins Gespräch gebracht wird. "Damit muss man immer rechnen", warnt Piazolo. Man werde daher "die schwarz-rote Stadtregierung immer wieder an ihre Versprechungen aus dem Wahlkampf erinnern", versicherte Münchens Grünen-Chefin Katharina Schulze. Zumal in der Koalitionsvereinbarung von CSU und SPD kein Wort zum Thema Flughafen und Startbahn-Bau zu finden ist.

Derzeit allerdings sieht es eh nicht danach aus, als hätten die Ausbaugegner etwas zu befürchten: Denn die Zahl der Flugbewegungen ging auch in den ersten fünf Monaten 2014 zurück - nach Angaben von Manfred Drobny vom BN um 1,4 Prozent. Und selbst bei der Zahl der Passagiere konnte der Flughafen in diesem Zeitraum nur um 0,5 Prozent zulegen. Für Drobny ein "klares Zeichen dafür, dass sich hier eine Sättigung abzeichnet". In der Tat hatte der Flughafen bei der Zahl der Fluggäste in den vergangenen Jahren zum Teil weit größere Zuwächse ausweisen können.

Staatsregierung will Projekt über Umweg durchsetzen

Nichtsdestotrotz versucht die Staatsregierung, über einen Umweg das Startbahn-Projekt durchzusetzen. So berät der Landtag derzeit über die von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ins Spiel gebrachte "Volksbefragung", bei der die Bevölkerung entweder in ganz Bayern oder zum Beispiel nur im Bezirk Oberbayern befragt werden könnte. Für Helga Stieglmeier vom Aktionsbündnis "Aufgemuckt" ist das eine "Lex dritte Startbahn" und ein "scheindemokratisches Instrument". Denn nach dem Entwurf soll das Ergebnis keinesfalls bindend sein. Zudem sollen nur die Staatsregierung oder eine Mehrheit des Landtags eine solche Volksbefragung initiieren dürfen, nicht aber die Bürger selbst.

Doch selbst wenn Ministerpräsident Seehofer im kommenden Jahr eine Volksbefragung starten sollte - den Ausbaugegnern "ist davor nicht bang", wie Stieglmeier sagt. Man sei bayernweit gut vernetzt, könne eine "Kampagne gegen die dritte Startbahn landesweit fahren - und diese auch gewinnen", erklärte die Aufgemuckt-Sprecherin. Das hätten die letzten Bürgerentscheide, etwa der gegen die Olympiabewerbung Münchens, gezeigt.

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