Bürgerversammlung:. . . und ein Denkmal für Helmut Dietl

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Verkehrsbelastete Parkstädter, erbitterte Kita-Eltern: Die Schwabinger haben in der Bürgerversammlung dringende Forderungen

Von Stefan Mühleisen, Schwabing

Nur fünf Minuten Redezeit. Das ist unersprießlich für die resolute Anwohnerin aus der Parkstadt Schwabing, das wird deutlich. Dann werde es also ein kürzerer Vortrag, sagt die Frau am Donnerstagabend ins Mikrofon vor gut 200 Besuchern der Bürgerversammlung in der Turnhalle des Schwabinger Maximiliansgymnasiums. Dann zeige ich euch halt das ganze Ausmaß der Misere im Schnelldurchgang, wird sie sich gedacht haben.

Es folgt ein grimmiges Referat einer Parkstadt-Bewohnerin, das einen guten Eindruck vermittelt vom über die Maßen angespannten Nervenkostüm der Bevölkerung in diesem Neubaugebiet. Es geht - wie schon seit Jahren, wenn Parkstädter in Bürgerversammlungen ans Mikrofon treten - um die als Zumutung empfundene Verkehrsbelastung. Die erbitterte Suada der energische Frau ist ein Hilferuf an Politik und Stadtverwaltung, endlich, endlich, etwas zu tun.

In diesem Tonfall klickt sich die Frau durch die Fotos einer Präsentation auf der Leinwand: Hunderte Meter lange Autokolonnen, Ausweis dafür, dass täglich Hunderte das Gebiet als Nord-Süd-Schleichweg nutzen, dazu Lastwagen, die in diesem von Gewerbebauten geprägten Gebiet offenbar eine Alltagsplage sind: Sie blockieren sich in den engen Straßen gegenseitig, rangieren rückwärts zwischen Schülergruppen auf die Gehsteige, verkeilen sich hoffnungslos an den Kreuzungen. "Uns wurde dieses Wohngebiet als verkehrsberuhigte Insel versprochen. Jetzt haben wir den Salat", kommentiert die Anwohnerin mit schneidender Stimme.

Es ist ein Klagelied, das die Parkstadt-Bewohner seit vielen Jahren anstimmen. Die Bürger sind auf dem 40 Hektar großen Areal zwischen dem Mittleren Ring und der Domagkstraße die Minderheit, umringt von einem Heer von Büromenschen. Es ist eine Büro-City, "in der immer noch die Seele und die Urbanität fehlt", wie der Bezirksausschuss-Vorsitzende Werner Lederer-Piloty (SPD) sagt. Das Städtische soll nun mit dem letzten Bauabschnitt Einzug halten: Auf dem letzten Zehntel des Geländes entstehen Wohnungen.

Doch die Parkstädter wollen zunächst ihr Verkehrsproblem gelöst haben. Drei Anträge unterstützt die versammelte Bürgerschaft mit großer Mehrheit: Die Stadt soll Straßen für den Durchgangsverkehr sperren, und in dem Areal ein Parklizenzgebiet einrichten. Zudem wollen die Schwabinger das Personal der zuständigen Polizeiinspektion aufgestockt haben, damit sich Beamte um die laut einem Antragsteller zuhauf gemeldeten, aber kaum je geahndeten Verkehrsverstöße kümmern. Ein Mitarbeiter des Planungsreferats kann an diesem Abend zumindest Hoffnung auf das Parklizenzgebiet machen: Eine Stadtratsvorlage dazu sei in Vorbereitung und soll bis Jahresende im Plenum verhandelt werden.

Die Bürger und Behördenvertreter in der Turnhalle bekommen an diesem Abend noch einen weiteren Forderungskatalog zu hören, erbittert vorgetragen von Sylvia Glauche, der Elternbeiratsvorsitzende der Kindertagesstätte an der Haimhauserstraße. Die Einrichtung muss saniert werden, 98 Kinder wurden vor einigen Monaten in ein Haus an der Lissi-Kaeser-Straße umgesiedelt. Von Anfang an drang die Elternschaft auf einen Shuttle-Bus-Service, da das Holen und Bringen für Berufstätige nicht zu leisten sei. Doch von Anfang an, so der Vorwurf der Eltern, habe das Bildungsreferat laviert, den Bus erst zugesagt, dann wieder ab, dann wieder zu - und so fort. Nun weiß nach Glauches Worten wieder keiner, ob er im neuen Kindergartenjahr zur Verfügung stehe. Sie fordert mit breiter Zustimmung eine entsprechende Zusage sowie eine verlässliche Interimslösung für die Dauer der Sanierungsarbeiten. Eine Vertreterin des Bildungsreferats beteuerte: Es stehe derzeit kein geeignetes Grundstück für eine Übergangslösung zur Verfügung. Der Shuttlebus aber, so versprach sie, werde für die gesamte Dauer der Auslagerung bereit gestellt.

Weniger emotional, dafür engagiert tragen noch eine Reihe von Bürgern ihre Anliegen in der Turnhalle vor. Christian Hierneis, Vorsitzender der Kreisgruppe München des Bundes Naturschutz, wirbt mit Erfolg dafür, dass die Stadt eine Art Kataster für Standorte einrichtet, an denen Bäume gepflanzt werden können. Eine Anwohnerin der Liebergesellstraße bekommt, wie schon in den Jahren davor, das Votum der Versammlung für ihre Forderung nach einem Lärmschutz am Mittleren Ring. Ebenfalls ein wiederkehrender Antrag ist das Verlangen nach einem Bushäuschen für die Linie 54 an der Münchner Freiheit. Neu war indes die Initiative einer Frau aus der Clemensstraße: Sie wünscht sich ein Denkmal für den verstorbenen Regisseur Helmut Dietl. "Seine Statue gehört neben die vom Monaco Franze an der Münchner Freiheit." Fünf Minuten Redezeit brauchte sie dafür nicht. Ein Meer aus Stimmzetteln zeigt an, dass sich die Schwabinger ein Monument für diesen unvergessenen Schwabinger wünschen, der unvergessliche Film-Momente schuf.

© SZ vom 16.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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