Bauma:Walze eins an Walze zwei

Wartungsarbeiten mit Datenbrillen und Maschinen, die auf der Baustelle miteinander kommunizieren - auch in der Welt der Bagger und Kräne auf der Bauma spielt die Digitalisierung eine immer größere Rolle

Von Robert Meyer

Für einen kurzen Moment blendet man im Aufzug auf der Baustelle die laute Messehalle aus. Ein Klick und schon geht es los. Kurz zuckt man zusammen, als der Aufzug losfährt. Langsam geht es durch den Rohbau aus Beton. Oben öffnet sich die Tür, der Blick geht in die Tiefe. Ein falscher Schritt und man fällt. Zum Glück ist das hier nur die virtuelle Realität.

Auch die Baubranche erlebt durch die Digitalisierung derzeit einen immensen Wandel. Die Bauma hat das Thema deshalb zu einem der diesjährigen Messetrends ausgerufen. In fast allen Messehallen begegnet man den digitalen Entwicklungen der Baubranche - vor allem den Anwendungen in der virtuellen Realität.

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Große Schaufel, große Augen: Viele Menschen kommen vor allem zur Bauma, um sich die riesigen Bagger anzusehen.

(Foto: Florian Peljak)

Die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) zum Beispiel will die Messebesucher sensibilisieren, wie gefährlich eine Baustelle sein kann. Dafür programmierte sie die beschriebene virtuelle Baustelle und versteckte dort 19 Sicherheitsrisiken. Kaputte Leitern, offene Klappen, freiliegender Strom. In der virtuellen Realität könne auch "mal ein Fehler passieren", ohne dass man sich sofort verletze, sagt Claudia Waldinger, die bei der BG Bau für Schutzausrüstungen und Prävention verantwortlich ist.

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Eine Werbung und ihre Zielgruppe: Die Fahrertrainings für unwegsames Gelände bietet die Berufsgenossenschaft eigentlich in echten Jeeps an.

(Foto: Florian Peljak)

Digitalisierung soll die Arbeit nicht nur sicherer, sondern auch leichter machen. Während man mit Virtual-Reality-Brillen komplett in eine Simulation abtaucht, ergänzen sogenannte Datenbrillen das Sichtfeld des Nutzers um Informationen. So sehen Arbeiter in einer Fabrik die Bedienungsanleitung vor ihren Augen und können gleichzeitig mit beiden Händen die Maschine warten. Notfalls kann sich der Support mithilfe einer in der Brille eingebauten Kamera dazu schalten und dem Arbeiter in Echtzeit helfen. Durch die Digitalisierung soll alles effizienter werden. Das ist das Versprechen, das viele Aussteller auf der Bauma machen.

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Durch die Digitalisierung erlebt die Baubranche derzeit einen immensen Wandel.

(Foto: Florian Peljak)

Doch Digitalisierung geht auf der Bauma auch mit spielerischen Elementen einher. So können Mitarbeiter, bevor sie eine Baustelle betreten, in einen Simulator steigen, wie man sie aus Videospielhallen kennt. Man setzt sich in den Fahrerstuhl, stellt die Füße auf die Pedale und legt die Hände an die Joysticks. Auf mehreren Bildschirmen kann man üben, wie man zum Beispiel einen Bagger bedient. Auf der echten Baustelle können dann die echten Maschinen im besten Fall miteinander kommunizieren. "Connectivity" ist eines der Schlagworte, die man auf der Bauma immer wieder hört. Alles soll vernetzt sein. So weiß die eine Walze, welchen Teil der Straße die zweite Walze bereits abgearbeitet hat, während der Fahrer alle Daten auf dem Bildschirm sehen kann. Diese Daten landen zudem auf den Servern der Hersteller, wo eine künstliche Intelligenz mögliche Fehler und Probleme entdeckt.

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Besucher können mit VR-Brillen auch virtuelle Rundgänge auf Baustellen machen.

(Foto: Florian Peljak)

Um ein Gefühl aber kommt man nicht herum, wenn man auf der Bauma nach digitalen Trends sucht. Wirklich neu scheinen Entwicklungen wie Virtual Reality oder Connectivity nicht. Dieselben Innovationen gab es in anderen Branchen schon vor einigen Jahren. Diesen Eindruck bestätigen zahlreiche Aussteller. Die deutsche Baubranche sei "am weitesten hintendran, was Digitalisierung angeht", sagt zum Beispiel Jan van den Brandt von Infrakit. Das Unternehmen präsentiert auf der Bauma seine Planungssoftware für Baustellen. "In Deutschland ist man in der Baubranche zurückhaltender und altmodischer", so van den Brandt. Das bestätigte auch die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft mit einer Studie Anfang 2018. Die digitale Modernisierung im Bauwesen stehe "noch weitgehend aus", so die verantwortlichen Forscher von der TU München.

Woran das liegt, darüber ist man sich auch auf der Bauma nicht einig. Die einen vermuten, dass nicht genug Geld da ist, die anderen machen das fehlende Know-how verantwortlich. Ein zentrales Problem sind aber offenbar einheitliche Standards für die Digitalisierung. So können die Maschinen des einen Herstellers oft nicht mit den Maschinen anderer Hersteller kommunizieren, weil sie mit unterschiedlicher Software laufen. Auch in der Baubranche gibt es zudem ein Generationenproblem, wenn es um Digitalisierung geht. Ältere Menschen seien wesentlich skeptischer, was solche Innovationen angeht, sagt zum Beispiel auch Jan van den Brandt von Infrakit. Dabei ist er sich sicher, dass die digitalen Entwicklungen viele Vorteile für die Baubranche bringen. Und er meint: Sei die digitale Innovation erst einmal da, so seine Erfahrung, hätten sich die meisten Arbeiter die Neuerung schon zehn Jahre früher gewünscht.

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