Wolfram Kastner ist fast zufrieden. Und das ist schon eine Sensation an sich. Denn der Münchner Künstler ist ja seit Jahr und Tag mit Verve und wilden Aktionen unterwegs, um der Hauptstadt des Freistaates Bayern klar zu machen, dass man endlich dem Gründer eben dieses Freistaates mehr adäquates Gedenken verschaffen solle.
Dass nun also das Münchner Stadtmuseum eine Ausstellung präsentiert mit dem Titel "Revolutionär und Ministerpräsident - Kurt Eisner (1867-1919)" kommt den Kastnerschen Vorstellungen, wie man mit diesem Politiker umzugehen habe, recht nahe. Einen Anlass hat man auch gefunden: Eisners Geburtstag jährt sich am kommenden Sonntag zum 150. Mal. Er wurde am 14. Mai 1867 in Berlin geboren - und 52 Jahre später in München erschossen.
Es war für die beiden Kuratoren Ingrid Scherf (Historikerin, war ganz früher bei der Stadtzeitung Blatt) und Günter Gerstenberg (Historiker, Autor und Eisner-Fachmann) nicht ganz einfach, den sozialdemokratischen Friedensvisionär und die wirren Zeitläufte um ihn herum so darzustellen, dass die Ausstellung auch für jene spannend ist, die Historisches gerne leicht verständlich aufbereitet haben wollen. Doch mit viel Wissen, viel Liebe zum Detail und sehr viel Engagement wurden die zwei Eisner-Räume so gestaltet, dass ein Mann sehr präsent wird, der im wahrsten Sinn des Wortes Geschichte schrieb.
Man habe, sagt Ko-Kuratorin Ingrid Scherf, Eisners Leben und Werk und die politischen Wirrnisse der Zeit wie ein Layout an die Wände des Stadtmuseums gebaut: Eisner wegen Hochverrats im Gefängnis. Eisners Schrift zur "Tragödie des Mittelstandes", jener Schicht also, deren Parolen man heute "ohne weiteres neben die der AfD hängen kann".
Dagegen steht dann Eisners Bekenntnis, dass es kein Brot ohne Frieden und keinen Frieden ohne Revolution geben könne. "Wir haben nicht nur die 100 Tage Eisners als Ministerpräsident zum Thema", so Ingrid Scherf, sondern dessen ganze Geschichte. Denn zum einen ist ja schon das Leben des jüdischen Kaufmannssohnes als Journalist, Autor und späterer Politiker aufs Vielfältigste mit den politischen Ereignissen des frühen 20. Jahrhunderts verbunden.
Zum anderen waren der Erste Weltkrieg und die daraus resultierenden Wirren auch für Kurt Eisner selbst Anlass, seine an Kant orientierten Weltanschauungen mehrmals kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls radikal zu ändern.
Die legendäre Demonstration für die Räterepublik wenige Tage vor Eisners Ermordung.
(Foto: Stadtmuseum)So war er noch zu Anfang der Weltkatastrophe der Meinung, es handle sich um einen gerechten deutschen Verteidigungskrieg gegen die Gefahren, die vom russischen Zarenreich ausgingen. Doch schrieb er schon ein paar Monate nach Beginn der Kämpfe gegen die Kriegsführung des Deutschen Reiches an, was ihm seine erste politische Heimat, die damalige SPD, sehr übel nahm. Eisner fand dann Zuflucht bei der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, der USPD, die für sofortigen Friedensschluss kämpfte.
Das und wie nach Eisners gewaltsamem Tod das Chaos der Räterepublik erst so richtig ausbrach, wäre sicher eine eigene Reflexion wert. Aber auch das Thema Kurt Eisner dürfte viele Zuschauer locken. Verknüpft sich doch sein Leben und Sterben mit den Wirrnissen des ersten großen Krieges und den Umbrüchen des sich dramatisch verändernden sozialen Lebens im längst erwachten, aber noch wenig strukturierten Industriezeitalter.