13 Architektur-Büros hatten sich beteiligt:Starker Auftritt in Ziegelrot

Im Wettbewerb für das zweite Pasinger Kulturbürgerhaus auf dem ehemaligen Stückgutgelände hat sich das Büro Meck Architekten durchgesetzt. Der Entwurf erinnert an die historischen Industriebauten im Viertel

Von Jutta Czeguhn, Pasing

Der Extremsommer verlangt nach extremen Maßnahmen, mehr als 30 Grad hatte es schon am 27. Juni. Weil am Abend in der Pasinger Fabrik die Premiere von Mozarts "Entführung aus dem Serail" anstand und weder das Ensemble noch das Publikum in der Wagenhalle verglühen sollten, kletterte Geschäftsführer Frank Przybilla auf das Flachdach. Mit dem Wasserschlauch versuchte er, das kleine Opernhaus herunterzukühlen.

Das Team von Pasings Kulturzentrum ist bekannt dafür, dass es improvisieren kann und dass jeder, wenn nötig, mit anpackt. In ein paar Jahren werden einige Aufgaben mehr hinzukommen. Auf dem ehemaligen Stückgutgelände an der Offenbachstraße entsteht ein weiteres Kulturbürgerhaus für Pasing, die Fabrikleute sollen den Betrieb dort koordinieren. Wird der Entwurf des Büros Meck Architekten umgesetzt, der den Realisierungswettbewerb zum Projekt gewonnen hat, dann braucht Fabrikchef Przybilla dort immerhin nicht aufs Dach steigen. Der Neubau, inklusive Dach, bekommt ein Ziegelkleid, ein Baustoff, der gut vor Überhitzung schützt.

Noch bis zum 1. August sind alle Architektenentwürfe fürs neue Kulturbürgerhaus im Foyer des Pasinger Rathauses ausgestellt. Am einphasigen, nichtoffenen europaweiten Realisierungswettbewerb hatten sich 13 Büros beteiligt, sieben wurden noch zugeladen. Ausloberin dieses Wettbewerbs war das Kommunalreferat. Die Jury, die sich aus Fachpreisrichtern - neben Stadtbaurätin Elisabeth Merk vor allem Architekten - und Vertretern aus dem Bezirksausschuss (Sachpreisrichter) zusammensetzte, nennt den Entwurf von Andreas Meck und Axel Frühauf einen "starken Auftritt". Dabei hat das Gebäude gar nichts Lautes, nach vorne Drängendes. Es trägt vielmehr die typische Handschrift vieler Meck-Projekte. Es geht den Architekten um Reduktion und Klarheit. Vor allem aber erfüllen sie eine der Wettbewerbsaufgaben, wenn sie den Neubau in Bezug zum Pasinger Zentrum setzen.

Künftig soll man also vom Bahnhofsplatz in der Flucht der Promenade ("Paseo") längst der Pasing Arcaden nach Osten blicken und dann dieses kompakte, beinahe monolithisch wirkende Ziegelgebäude ausmachen können. Die Architekten integrieren auch indirekt die Kritik, die im Viertel an einem Neubau für das Kulturzentrum aufgekommen war. Ursprünglich war der sogenannte Kopfbau, ein Bahngebäude aus den 1930er-Jahren, dafür vorgesehen. Doch dann erschien der Stadt die Sanierung finanziell zu aufwendig. Der Kopfbau wurde abgerissen.

Kulturbürgerhaus Pasing

Mit seiner Fassade soll sich das neue Kulturbürgerhaus an die nahegelegenen Ziegelbauten des Pasinger Bahnhofs anschließen. Simulation: Meck Architekten München

Mit ihrem Entwurf zitieren Meck und Frühauf nun also frühe Industriearchitektur. Ihr Kulturzentrum bekommt ein ansteigendes Dach, in Anlehnung an Sheddächer ("Sägezahndächer"), die man in Pasing vom mittlerweile ebenfalls verschwundenen Anbau der Eggenfabrik kannte. Auch mit der Ziegelfassade verorten sie ihren Entwurf in der Pasinger Bautradition: Die historischen Bahnhofsgebäude und das alte Pumpenwerk sind ebenfalls aus Ziegel, einem nachhaltigen Material, das "den Maßstab der Hand mit in ein Bauwerk einbringt", wie Andreas Meck einmal im Interview erklärte.

Zum neuen Kulturzentrum sollen die Besucher über eine etwas steile Treppe von der Offenbachstraße, aber auch von der Promenade her gelangen. Im Neubau erwartet die Pasinger ein 180 Quadratmeter großer Saal, der flexibel mit einem 80 Quadratmeter großen Foyer verbunden werden kann. Die je zwei Musik- und Gruppenräume befinden sich im Untergeschoss, man kann sie bei Bedarf ebenfalls zusammenschalten. Frank Przybilla freut sich über diese neuen Kulturräume. In der Pasinger Fabrik, erzählt er, sei man räumlich am Ende der Möglichkeiten angelangt, man müsse viele Anbieter von Kursen abweisen. Das neue Kulturbürgerzentrum, betont er, werde jedoch keine Dependance der Fabrik sein. Sein Team, personell wie finanziell dann mit zusätzlichen Ressourcen ausgestattet, werde Angebote dort initiieren und betreuen, die jedoch von Vereinen und Institutionen aus dem Viertel kommen sollen.

Die Abwicklung des gesamten Projekts liegt bei der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG, die auf einem Teil des Geländes zwischen Landsberger-, Offenbach- und Josef-Felder-Straße etwa 340 Wohnungen realisiert hat, zudem zwei Kindertagesstätten und einen Nachbarschaftstreff. Weitere Investoren sind auf dem Areal mit Projekten unterwegs, bis zum sogenannten Pasinger Knie werden in den kommenden Jahren neue Wohnquartiere entstehen. Und auch nördlich der Gleise, in Pasing-Nord-Ost an der Paul-Gerhardt-Allee, wächst gerade eine Siedlung für annähernd 6000 Menschen in die Höhe. Pasing wächst rasant.

Bebauung Stückgutgelände Pasing,

Blickachse: Auf der Promenade entlang der Pasing Arcaden gelangt man künftig direkt zum Kulturbürgerhaus.

(Foto: Privat)

Kultur, sagt Frank Przybilla, kann die Alt- und Neu-Pasinger zusammenführen. Was bitter nötig sein wird, denn noch beobachten jene, die schon da sind, mit Argwohn den enormen Zuzug und befürchten einen Kollaps der Infrastruktur - vor allem wegen des Verkehrs. Konzepte dafür ist die Stadt bislang schuldig geblieben.

Das zweite Kulturbürgerhaus, lange gefordert im Stadtbezirk, ist nun mit dem abgeschlossenen Realisierungswettbewerb immerhin in die Nähe des Startblocks gebracht. Laut Michael Höck, der das Projekt seitens der GWG betreut, wird man nun, ausgehend vom Siegerentwurf, die nächsten Planungsschritte angehen. Entscheidend werde sein, wie sich der Stadtrat zum Projekt stellt. Erst wenn von dort die Zustimmung vorliege, könne das Projekt in die Detailplanung gehen. Kurzum, derzeit will sich keiner der Projektverantwortlichen mit einer Prognose aus dem Fenster lehnen, wann das Kulturbürgerhaus mit der rotbraunen Ziegelfassade seinen Betrieb aufnehmen kann.

Die Architektenentwürfe fürs Kulturbürgerhaus sind bis 1. August im Foyer des Pasinger Rathauses, Landsberger Straße 486, zu den üblichen Öffnungszeiten zu sehen.

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