100 Jahre Tierpark Hellabrunn:Eitle Vögel, coole Hunde

Im Baum hängen und 18 Stunden täglich schlafen? Jedes Rätsel mit links lösen? Alles fressen, was man sieht? SZ-Redakteure stellen ihre Lieblingstiere in Hellabrunn vor. In Bildern.

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100 Jahre Tierpark Hellabrunn:Das Faultier

TIERPARK JUBILAEUM SERIE

Quelle: JOHANNES SIMON

Im Baum hängen und 18 Stunden täglich schlafen? Jedes Rätsel mit links lösen? Alles fressen, was man sieht? SZ-Redakteure stellen ihre Lieblingstiere in Hellabrunn vor. In Bildern.

Gähn. Man würde ja sofort mit Lazy tauschen, wenn man könnte. 18 Stunden schlafen am Tag, die restliche Zeit rumhängen, ab und zu mal ein Stückchen Obst knabbern. Ein Leben in Rückenlage. Aus Energiespargründen. Ist also auch noch voll im Trend.

Viel tut sich nicht, da oben im Baum im Nashornhaus, in dem das Hellabrunner Faultierpärchen Lazy und Lazerus mit ihrem im März geborenen Nachwuchs leben. Und deshalb es ist so herrlich entspannend, ihnen zuzuschauen. Lazy streckt ab und zu mal ein Bein oder einen Arm aus, ihr Baby pennt auf ihrem Bauch und hebt ab und zu mal sein schwarzes Näschen. Faultiere schlafen so viel, weil ihre Nahrung nicht besonders gehaltvoll und außerdem schwer verdaulich ist. Ihren Baum verlassen sie nur, wenn sie mal aufs Klo müssen - das machen sie aber auch nur alle paar Tage, ist ja viel zu anstrengend.

Vielleicht haben die Faultiere aber auch ein geheimes Doppelleben. "Was sie nachts machen, weiß man nicht", sagt Pflegerin Ehm. Spannend! Man könnte sich ja mal den Wecker stellen und nachschauen gehen. Aber das wäre ganz schön anstrengend. Judith Liere

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100 Jahre Tierpark Hellabrunn:Humboldt-Pinguin

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Quelle: Robert Haas

Lazlo ist ein komischer Vogel, ein cooler Hund. Das Komische an Lazlo ist seine pinguinunübliche Zutraulichkeit, sein Bedürfnis, von den Pflegern persönlich mit Namen angesprochen zu werden und dann eiligst herbeizuwackeln, um in der ersten Reihe zu stehen. Wenn man böse wäre, würde man sagen, dass Lazlo eine Rampensau ist, aber auch hier stimmt das Tierbild natürlich nicht. Denn der vier Jahre alte Pinguin ist extrem eitel und reinlich, putzt manisch sein schwärzlich-braunes Outfit.

Als drei Münchner Philharmoniker für ein Werbefoto einen weiteren sympathischen Frackträger suchten, eilte Lazlo flugs herbei und posierte mit unglaublicher Ausdauer und augenscheinlich großer Zufriedenheit. "Den stresst nix", sagt sein Freund, der Herr Kern, Chef des Polariums.

Als einziger von seinen 27 Artgenossen in der neuen Anlage für Humboldtpinguine hat Lazlo einen Namen - weil er einem ungarischen Tierpfleger in Hellabrunn ähnlich sieht. Lazlos Urahnen stammen aus Südamerika, er selbst lebt in fester Beziehung mit einer Pinguinfrau, liebt Sprotten und kleine Heringe.

Neulich hat der Herr Kern seinen Lazlo, weil er ein Vorzeigepinguin sei, zu einer Gönnerin des Polariums mitgenommen. Im Haus der reichen Dame hat der Pinguin erst einen teuren Teppich versaut, um dann in den Garten zu flüchten und sein Geschäft im Swimmingpool zu erledigen. Irgendwie doch ein cooler Hund. Ulrike Heidenreich

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100 Jahre Tierpark Hellabrunn:Axolotl

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Quelle: Robert Haas

Wenn das Axolotl in der Villa Dracula durch seine in die Wand eingelassene Scheibe schaut, sieht es die Menschen immer von hinten. Die Menschen wenden dem Axolotl den Rücken zu, weil sie lieber die Fledermäuse betrachten, die auf der anderen Seite des Raumes aus ihrem Fledermausloch geschossen kommen und Bananenstücke so rasant aus der Hand stibitzen, dass sie kein lebendes Wesen jemals dabei beobachtet hat.

Im Vergleich zur Fledermaus ist das Axolotl ein Langweiler. Laut Lexikon handelt es sich um einen Schwanzlurch aus der Familie der Querzahnmolche, der ein Leben lang die Gestalt einer Larve behält, doch diesem Stadium ewiger Adoleszenz kann das Axolotl offenbar nur wenig Positives abgewinnen. Meist hockt es auf dem Grund seines Wasserbassins, rudert ein bisschen mit dem Schwanz, rollt seine insgesamt sechs Kiemenäste auf und wieder ab und glotzt lidlos, breitmäulig und beleidigt in die Weltgeschichte.

Eine kurze Zeit immerhin gab es, da hat die Weltgeschichte zurückgeglotzt: Das war, als Helene Hegemann ihren Copy&Paste-Roman "Axolotl Roadkill" veröffentlichte. Die Leute standen in Scharen vor der Axolotl-Scheibe und amüsierten, dass es ein Wesen mit so einem doofen Namen wirklich gibt. Aber das verlief sich. Längst gilt wieder: Wer die Liebe zu einem Tier in Hellabrunn für sich alleine haben will, der kommt am Axolotl nicht vorbei. Tanja Rest

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100 Jahre Tierpark Hellabrunn:Aldabra-Riesenschildkröte

im Münchner Tierpark Hellabrunn, 2011

Quelle: JOHANNES SIMON

Woher die Unregelmäßigkeit an ihrem Panzer kommt, weiß nur Katta selbst. Wegen des fingerdicken Schlitzes an der vorderen Seite aber hat die Aldabra-Riesenschildkröte ihren Namen: Katta, von englisch Cut (Schnitt). Irgendwann in ihren ersten Lebensjahren, kurz bevor sie Ende der 1940er Jahre von den Seychellen nach München gekommen ist, muss etwas passiert sein, was ihr gerundetes Körperhaus eingekerbt hat. Dieser Schnitt macht die Schildkröten-Dame unverwechselbar.

Vielleicht finden die Männchen Katta deshalb so anziehend, was ihren Alltag charmanter macht. Der Tag beginnt für Katta wie für ihre zehn Artgenossen mit der Visite von Tierpfleger Matthias Hafner. Er schaut allen ins Maul, tief in die Augen und untersucht die hinterlassenen Häufchen. Drei bis sechs Wochen dauert es, bis der beliebte langstielige Löwenzahn oder das Gras gänzlich durch die Schildkröten rutscht.

Zur Abwechslung holt sich Katta Blätter vom Hibiskus im Terrarium. Fast athletisch schwingt sie dafür ihre 68 Kilo in die Luft, trotz ihrer kleinen Pölsterchen bei den Beinen. Häufig sieht man Katta in Begleitung von Freundin Mona, oder sie flirtet mit ihren Verehrern. Jetzt hat man Sandkuhlen angelegt, und hofft, dort eines Tages ein paar Eier zu finden. Sabine Buchwald

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100 Jahre Tierpark Hellabrunn:Orang-Utan

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Quelle: Robert Haas

Jolie ist das jüngste Mitglied im Hellabrunner Orang-Utan-Clan - gerade hat sie ihren zweiten Geburtstag gefeiert. Das heißt, gefeiert hat sie ihn natürlich nicht, sie hat gemacht, was sie sonst auch den ganzen Tag lang macht:

Sie ist geklettert und geschaukelt und geschaukelt und geklettert, sie hat sich baumeln lassen, hat zwischen durch mal einen Purzelbaum geschlagen, hat sich kurz in das lange rote Zottelfell ihrer Mutter Matra gekrallt, ein bisschen am Busen genuckelt, und sich dann wieder zwischen die in vielen Schlaufen vom Dach des fabelhaften neuen Orang-Utan-Geheges hängenden Feuerwehrschläuche geschwungen, so wie es ihre Artgenossen zwischen den Lianen im Dschungel der Insel Sumatra tun.

Immer auf Achse, immer in Bewegung, aber völlig mühelos und total entspannt, so dass die langen, schlaksigen Arme und Beine, die gerade nicht zum Greifen gebraucht werden, locker baumeln wie die Gliedmaßen einer Marionettenpuppe. Wenn Sie unter Verspannungen leiden sollten, wenn es in Ihren Schultern oder in Ihrer Halswirbelsäule knirscht, dann schauen Sie Jolie eine halbe Stunde zu und meditieren Sie sich in diese Bewegungen hinein - es wird Ihnen viel besser gehen! Hans Holzhaider

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100 Jahre Tierpark Hellabrunn:Vielfraß

im Münchner Tierpark Hellabrunn, 2011

Quelle: JOHANNES SIMON

Vielfraß Aytik ist ein eher unauffälliger Typ. Er ist kein Poser wie der Löwe, kein Pausenclown wie der Schimpanse. Aytik ist ein haariger, kompakter Kerl, er hat kurze Beine, riesige, trampelig wirkende Füße, und an heißen Tagen ist kaum etwas von ihm zu sehen, dann lungert er am liebsten im Schatten herum.

Dazu kommt, dass der Vielfraß eine Stinkdrüse am Hintern hat - nein, er gilt nicht auf Anhieb als Sympathieträger. Sein Name ist übrigens eine Fehlübersetzung der skandinavischen Bezeichnung "Fjäll-Fräs", was "Felsenkatze" bedeutet, "§Vielfraß" passt aber trotzdem, denn das Tier frisst alles, was nicht schnell genug wegrennen kann - Schneehühner, Eichhörnchen, sogar Rentiere. Selbst Bären und Wölfe gehen diesem für seine geringe Größe ziemlich mutigen Raubtier aus dem Weg.

Der Vielfraß ist also ein missverstandenes, unterschätztes Tier, und gerade das macht ihn zum Helden des kleinen Mannes auf der Straße. Man kann sich gut vorstellen, wie Aytik in seinem Gehege von den Weiten der Tundra träumt, von verschneiten Wäldern und Gipfeln. Am liebsten würde man Aytik mitnehmen zu einer Skitour, dabei stundenlang kein einziges Wort sprechen und anschließend gemeinsam ganz, ganz viel fressen. Titus Arnu

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100 Jahre Tierpark Hellabrunn:Kolkrabe

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Quelle: Robert Haas

Oft kommt es Florian Hundshammer so vor, als wollten die beiden ihm sagen: "Und was kommt jetzt?" Dann hat der Tierpfleger den beiden Kolkraben mal wieder eine Aufgabe gestellt oder ein neues Spielzeug gebracht; aber während manch anderes Tier ein Leben lang dumpf davor hocken würde, lösen Jakob und die Namenlose, seine Gefährtin, alle Rätsel im Krallumdrehen.

Ein Holzblock mit einem tiefen Loch, tiefer als der kräftige Schnabel reicht, und unten ist das Futter? Schon ist ein Zweig zum Auskratzen herbeigebracht. Die Kolkraben zählen zu den schlauesten Tieren, manche lernen sogar ein paar Worte. Nun gut, die Münchner Raben können das nicht, aber Jakob, der legendäre Vorgänger, nach dem auch das jetzige Männchen benannt ist, hat das alles draufgehabt.

"Sie unterscheiden jeden nach Gesicht und Stimme", sagt Hundshammer, der seinen Schützlingen sehr zugetan ist. Zu ihm sind sie deshalb auch netter als zum Tierarzt, bei dessen Anblick sie das nächste Versteck aufsuchen. Ach, die Raben.

"Über den schwarzen Winkel hasten / Am Mittag die Raben mit hartem Schrei." So hat es Georg Trakl gedichtet. Seit sie in der Natur, leider, nicht mehr so zahlreich sind, muss man sie im Zoo betrachten. Mit dem Schrei hat es Jakob der Zweite nicht so: Seit einiger Zeit brabbelt er. So muss die Sprache der Menschen für ihn klingen, die ihn hier gefangen halten. Joachim Käppner

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100 Jahre Tierpark Hellabrunn:Esel

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Quelle: Robert Haas

Es gibt nicht viel, was man gegen diese Zweijährige vorbringen kann. Sie ist schlank gewachsen, hat ein freundliches Wesen, kurz, sie ist zauberhaft. Bis auf - den Namen. Josephine, genannt Josy, dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Aber man lasse sich den Namen der Mutter auf der Zunge zergehen: Sambuca, das klingt doch sofort nach verteufelt süßem italienischen Leben. Und erst die Tante: Pellegrina, welche Anmut! Da hätte man die Kleine wenigstens Giuseppina nennen müssen.

Aber es genügt ein Blick aus ihren samtig dunklen Augen und man schmilzt sowieso dahin - da könnte Hellabrunns jüngste Eselin auch Hans oder Josef heißen (das sind die Schweine nebenan).

Die Esel der robusten, aber dramatisch dezimierten Rasse "Martina Franca" gehören als gewöhnliche Nutztiere nicht zu den Attraktionen des Tierparks. Josy steht mit Mutter und Tante öfter mal bewegungslos unterm hohen Lindenbaum, und wenn man nach einer Runde über den nahen Abenteuerspielplatz zurückkommt, stehen sie da immer noch. "Ruhephase'" nennen das die Pfleger.

Josys einladend breiter Rücken sieht aus, als warte er nur darauf, ein angemessenes Gewicht zu transportieren. Ihre Sanftmut wird durch den weißen Flaum um Augen und Schnauze noch betont. Wer Glück hat, kann den Spross apulischer Vorfahren dabei beobachten, wie er einen Ball über den Boden rollt. Dazu wackeln ihre wirklich sehr langen Ohren. Und nachts, wir sind sicher, träumt sie vom Grillenzirpen und Thymianduft ihrer italienischen Heimat. Anne Goebel

© SZ vom 15.7.2011/bica
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