100 Jahre "Cowboy Club München":Wilder Westen im Harlachinger Forst

Hätten Fred Sommer, Hermann Sommer und Martin Fromberger gewusst, was aus ihrem Freizeitspaß einmal wird, sie hätten vielleicht nicht mehr ans Auswandern gedacht: Aus Sehnsucht nach dem Wilden Westen gründeten sie vor mehr als 100 Jahren den "Cowboy Club München".

Von Franz Kotteder

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Quelle: SZ

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Hätten die drei gewusst, was aus ihrem Freizeitspaß einmal wird, sie hätten vielleicht nicht mehr ans Auswandern gedacht: Aus Sehnsucht nach dem Wilden Westen gründeten drei Münchner vor 100 Jahren den "Cowboy Club München". Zum Geburtstag schenkt das Stadtmuseum den verhinderten Goldgräbern eine Ausstellung.

Welchen Verein würden Fred Sommer, Hermann Sommer und Martin Fromberger (Foto) wohl heute gründen? Unter den gleichen Voraussetzungen, nämlich um das Alltagsleben im fernen Traumland auszuprobieren, im Vorgriff auf die geplante Auswanderung? Wäre das heute der "Gangstarapper Club München" oder so etwas? Vorstellbar wäre es, denn vor hundert Jahren waren die Gangstarapper eben noch Cowboys und Indianer. Und deshalb haben die drei damals den "Cowboy Club München 1913" gegründet.

Ausstellung 'Sehnsucht nach dem Wilden Westen'

Quelle: dpa

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Dass es den hundert Jahre später immer noch geben würde und dass das Münchner Stadtmuseum ihm zum Geburtstag gar eine eigene kleine Ausstellung widmen würde, hätten die drei sicher nie erwartet. Eigentlich war der Verein bloß zur Überbrückung gedacht, sie wollten ja selber rüber in den Wilden Westen, den es damals noch gab. Zu diesem Zweck spielten sie in der Klassenlotterie, um das nötige Kleingeld zusammenzubekommen. Bis es soweit war, wollten sie sich mit Sprache, Landeskunde und den einschlägigen Bräuchen der ersehnten neuen Heimat vertraut machen, in ihrem eigenen Cowboy-Club.

Ausstellung 'Sehnsucht nach dem Wilden Westen'

Quelle: dpa

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Es ist dann nichts geworden aus dem großen Traum vom Auswandern; die Klassenlotterie spielte da nicht mit. Aber der Verein machte sich ganz schön heraus, heute ist er der älteste und größte von insgesamt rund 200 Westernvereinen in ganz Deutschland. Zur Zeit seiner Gründung herrschte noch wahre Begeisterung für den Wilden Westen, die befeuert wurde durch Völkerschauen, Buffalo Bills Jahrmarktsschau, die zweimal auf der Theresienwiese gastiert hatte, und durch die "Winnetou"-Romane von Karl May.

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Quelle: Münchner Stadtmuseum

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Aus dem gemeinsamen Lernen für die Emigration wurde eine Freizeitspaß, zu dem die Vereinsmitglieder in möglichst originalgetreue Kostüme schlüpften. Die Isar-Cowboys und -Indianer übten sich im Reiten, Lassoschwingen, Goldwaschen und Messerwerfen, gaben sich Namen wie Fred Black, Conchita Fuentes oder Little Crow und trafen sich regelmäßig im Harlachinger Forst.

100-Jahr-Feier beim Cowboyclub München, 2013

Quelle: Claus Schunk 01716039668

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Wahnsinnig viel hat sich daran nicht geändert. Seit 1961 steht die eigene "Ranch" mit eingebautem "Saloon" (Im Bild der Auftritt einer Band.bei der Jubiläumsfeier) auf dem Vereinsgelände an der Zentralländstraße, wo sich bekanntlich auch die Münchner Floßlände befindet, und man hat auch noch zwei vereinseigene Pferde. Zeitweise waren es einmal sogar acht. Aber Cowboys und Indianer sind nicht mehr so im Trend wie in den fünfziger und sechziger Jahren, sondern gewissermaßen etwas aus der Zeit gefallen. "Wir sind noch 85 Mitglieder", sagt Vereinsvorsitzender Herbert Köpf alias Billy Cherokee, "und der Nachwuchs ist eher spärlich, was daran liegen kann, dass auf Anwärter auch Arbeit zukommt, zum Beispiel Stalldienst für unsere Pferde." Natürlich hofft man im Verein ein bisschen, dass das Jubiläumsjahr doch noch ein paar neue Mitglieder bringt.

100-Jahr-Feier beim Cowboyclub München, 2013

Quelle: Claus Schunk 01716039668

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Auf alle Fälle hat es schon mal auf ein neues Ehrenmitglied gebracht, denn bei der Eröffnung der Ausstellung am Donnerstag hat man schlauerweise gleich Oberbürgermeister Christian Ude zu einem solchen gemacht. Ude firmiert an der Floßlände als "Häuptling Rote Feder", den Namen hat er selbst gewählt. Und vielleicht macht ja auch die kleine Ausstellung im dritten Stock des Stadtmuseums Lust auf Teilnahme am Vereinsleben? Es gibt dort unter anderem mehrere Indianerkostüme (im Bild die Vereinsmitglieder "Igloo-Woman", "Gogie" sowie "Winnetou sen und jun") zu sehen, einen Küchenwagen und zahlreiche kunsthandwerkliche Gegenstände, die meisten selbst hergestellt von den Vereinsmitgliedern, von aufwendigen Perlentaschen bis hin zu Silberschmiedearbeiten nach Art der Navajo-Indianer.

Cowboy Club München: Werner Bänsch alias William Howard auf der Ranch, 2003

Quelle: LEIPRECHT, STEFFEN

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Die sportlichen und artistischen Disziplinen der Vereinsarbeit hat Stadtmuseums-Kuratorin Cindy Drexl in Form von Fotos und Filmen mit aufgenommen. Die Kunststücke, etwa von Messerwerfer Werner Bänsch alias William Howard (Foto), kann man also nicht live im Museum bewundern, dafür aber bei den Tagen der offenen Tür auf der Ranch an der Zentralländstraße am 13. und 14. Juli. Hätten Fred Sommer, Hermann Sommer und Martin Fromberger gewusst, was aus ihrem Freizeitspaß einmal alles wird, sie hätten vielleicht gar nicht erst ans Auswandern gedacht.

© SZ vom 22.06.2013/dayk
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