Profil:Zuzana Čaputová

Profil: Vorbild und Hoffnungsträgerin der ganzen Region: die frühere Anwältin und Bürgerrechtlerin Zuzana Čaputová, seit 2019 Präsidentin der Slowakei.

Vorbild und Hoffnungsträgerin der ganzen Region: die frühere Anwältin und Bürgerrechtlerin Zuzana Čaputová, seit 2019 Präsidentin der Slowakei.

(Foto: Vladimir Simicek/AFP)

Präsidentin der Slowakei und Stimme der Vernunft in einer Region, in der die Unvernunft um sich greift.

Von Viktoria Großmann

Wenn in Tschechien jetzt sofort Präsidentschaftswahl wäre, dann hätte Zuzana Čaputová gute Chancen. Nur ist Čaputová Präsidentin der Slowakei. Während der 77-jährige Miloš Zeman in Prag Regierungsmitglieder beleidigt und höchstens China und Russland gegenüber freundliche Töne anschlägt, zeigt die 48-jährige Čaputová in Bratislava stets ihre nicht korrumpierbare prowestliche Haltung - ohne Russland zu verachten. Zeman ist vielen Tschechen, auch Politikern, nur noch peinlich. Čaputová hingegen erhielt im Nachbarland das Prädikat "weiblicher Václav Havel" - eine größere Ehre ist kaum denkbar. Auch in der einheimischen Presse wurde sie nach ihrer Wahl im März 2019 fast wie eine Erlöserin gefeiert. Doch nie stand sie unter einem solchen Druck, die Erwartungen zu erfüllen, wie jetzt.

Seit ihrem Amtsantritt im Juni 2019 hat Čaputová ihren Status als Hoffnungsträgerin nicht verspielt. Čaputová ist gerade im Vergleich zu ihren Kollegen in den anderen drei Visegrád-Staaten Ungarn, Polen und Tschechien für viele Menschen in der Region eine politische Lichtgestalt. Schon im Wahlkampf setzte die Juristin, Umweltaktivistin und Bürgerrechtlerin auf ihr einfaches, aber in einer stark polarisierten Gesellschaft schwer durchzuhaltendes Konzept: standhaft und sachlich bleiben, nicht angreifen, nicht polemisch zurückschlagen. Als Präsidentin zeigt sie persönliche Haltung, sogar Emotionen - ohne zu beleidigen, ohne sich lächerlich zu machen, ohne sarkastisch zu werden. Eine einsame Ausnahme. Der politische Umgangston in der Slowakei ist brutal, Umgangsformen scheinen wenige je gelernt zu haben.

Sie hat sich schon immer politisch engagiert

Čaputová, geschieden, Mutter zweier erwachsener Töchter und jetzt mit einem ehemaligen Greenpeace-Aktivisten verbandelt, hat sich ihr Leben lang politisch engagiert. Vor allem dafür, dass Bürger mitreden dürfen, dass ihre Rechte gewahrt werden und nicht über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. Die Morde an dem Journalisten Ján Kuciak und dessen Freundin Martina Kušnírová im Februar 2018 gaben den Ausschlag für ihre Präsidentschaftskandidatur. Die Spuren in dem Fall führten auch zum damaligen Premier Robert Fico. Heute ist er Oppositionsführer - und ihr größter Feind. Er überzieht sie mit Häme, stiftet seine Anhänger zu Demos vor dem Präsidentenpalast an.

Angriffe und Hass hat Čaputová schon oft erlebt. Es geht nicht spurlos an ihr vorbei. Trotz vieler Todesopfer in der Corona-Pandemie bleibt die Impfrate unter 50 Prozent. Nach dem Besuch bei überlasteten Mitarbeitern einer überfüllten Covid-Station sagte die Präsidentin im Herbst, sie habe das Gefühl, ihr eigenes Land nicht mehr zu verstehen.

Was EU und Nato ihrem Land gebracht haben, das will sie nicht aufgeben

Nun scheint die Haltung zu Russland die Bevölkerung vollends zu spalten. In der aufgeheizten Diskussion um ein Abkommen mit den USA, das es dem Nato-Bündnispartner erlaubt, zwei slowakische Flugplätze zu nutzen und auszubauen, blieb die Präsidentin lange still. Handelte schließlich ein Zusatzabkommen aus - um einige Gemüter zu beruhigen. Auch sonst treue Anhänger äußerten Zweifel, kritisierten das Papier als nutzlos, kleinmütig. Die Ungeduld verflog, als die Präsidentin sich schließlich zu dem Abkommen äußerte.

Nie habe die Slowakei so viel Freiheit gehabt, die eigenen Geschicke zu lenken, wie jetzt, sagte sie in ihrer Ansprache. Zu verdanken sei das der Mitgliedschaft in EU und Nato seit 2004. Errungenschaften seien das, mit denen man nicht spiele und die man nicht aufgeben werde. Mit Russland im Dialog zu bleiben, sei wichtig und vernünftig: "Aber zu den legitimen Rechten Russlands gehört es nicht, über das Schicksal anderer zu entscheiden ohne Rücksicht auf deren Interessen." Čaputová hat das umstrittene Abkommen nun unterzeichnet - jetzt muss sie ihre Gegner überzeugen und die Stimmung befrieden. Ihre bisher härteste Prüfung als Präsidentin.

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