Forschung:Verlustängste der Wissenschaft

Der Akademische Austauschdienst soll Millionen einsparen. Der Aufschrei ist groß, doch dabei geht es nicht nur ums Geld.

Kommentar von Paul Munzinger

Das Auswärtige Amt wird dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) im kommenden Jahr 13 Millionen Euro weniger überweisen als im vergangenen Jahr, wenn es so kommt wie derzeit geplant. 13 Millionen, das sind fast Peanuts aus Sicht der Bundesregierung. Doch es ist viel Geld aus Sicht des DAAD. Tausende Stipendien muss die Organisation streichen. Das bedeutet: Tausende Wissenschaftlerinnen aus der ganzen Welt, die gerne nach Deutschland kommen wollten, können das nun nicht tun; Tausende deutsche Wissenschaftler, die gern ins Ausland wollten, müssen nun zu Hause bleiben. Und das alles, um 13 Millionen zu sparen? Der Schaden, der dem Wissenschaftsstandort Deutschland so entsteht, dürfte deutlich schwerer wiegen.

Dass der DAAD und die ebenfalls von Kürzungen betroffene Alexander-von-Humboldt-Stiftung die Folgen der Sparmaßnahmen nun in drastischen Worten ausmalen, ist verständlich. Der Bundestag muss dem Haushalt für 2023 ja noch zustimmen. Es ist also nicht zu spät, zu kämpfen, auf die Bedeutung des internationalen Austausches gerade für die Wissenschaft hinzuweisen und vor einem Ansehensverlust Deutschlands in der akademischen Welt zu warnen. Und bei aller Notwendigkeit zu sparen: Es ist tatsächlich ein schwer irritierendes Signal, während und wegen eines Krieges ausgerechnet dort zu kürzen, wo grenzüberschreitende Kooperation und Verständigung auf dem Programm stehen - dieweil für einen fragwürdigen Tankrabatt genug Geld da ist.

Doch die große Unruhe, die die deutsche Wissenschaft erfasst hat, erklärt sich nur zum Teil aus den Kürzungen bei DAAD und Co. Vielmehr ist die Sorge ebenso groß wie berechtigt, dass Deutschland angesichts des Krieges in der Ukraine gerade seine Prioritäten neu sortiert - und dass Forschung und Bildung insgesamt dabei zu den Verlierern zählen. Die Verlustängste, die die Neuverteilung eines schrumpfenden Wohlstands hervorruft, haben die Wissenschaft erreicht.

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