Wahl in Katalonien:Spaniens Gesundheitsminister verlässt sein Amt

Salvador Illa nutzte die Pandemie als Sprungbrett. Er will für die Sozialisten in Katalonien kandidieren.

Von Karin Janker

Wenn einer schon Salvador heißt, Retter. Aber Salvador Illa ist bescheiden: Politik sei für ihn "ein Dienst an der Gesellschaft". Folglich könne er sich doch nicht verweigern, wenn seine Parteikollegen denken, er könnte nützlich sein, um Katalonien aus der Krise zu führen.

Spaniens Gesundheitsminister Salvador Illa wird sein Ministerium mitten in der Pandemie verlassen, um für die Sozialisten bei der Wahl in Katalonien im Februar zu kandidieren. Er will neuer Präsident der Regionalregierung werden, weil er "Hoffnung für Katalonien" habe, sagt Illa.

Salvador Illa weiß, wie man aus schwierigen Situationen bestmöglich herauskommt. Zum Beispiel aus einer Pandemie mit 78 000 Toten in Spanien. Häufig haben Ärzte und Epidemiologen sein Ministerium kritisiert, doch Illa schadete das bisher kaum. Die Pandemie wurde für ihn zum Sprungbrett. Im März kannten 62 Prozent der Spanier den Gesundheitsminister nicht. Sieben Monate später war Illa der zweitbeliebteste Minister des Landes, nach Wirtschaftsministerin Nadia Calviño. Mit Calviño hat Illa gemeinsam, dass er als nüchterner Sachpolitiker gilt, dem Agitation zuwider ist. Der Schriftsteller Javier Cercas beschreibt ihn als "Sozialdemokraten nordischen Typs", als jemanden, der gut zuhören könne und dem es gefalle, sich in einen Problemlöser zu verwandeln. Ein Retter eben.

Nun ersetzt Illa dank seiner hohen Beliebtheitswerte den langjährigen Chef der katalanischen Sozialisten als Spitzenkandidat. Miquel Iceta gehört in Katalonien seit Jahren zur Staffage. Salvador Illa hingegen verheißt Aufbruch: 25 Prozent könnten die Sozialisten jüngsten Umfragen zufolge holen, sie wären drittstärkste Kraft. Mit Illa sogar noch mehr.

Salvador Illa wurde 1966 in einem Textilarbeiterhaushalt in La Roca del Vallès geboren. Er studierte in Barcelona Philosophie und machte einen Master in Wirtschaft und Unternehmensführung. Mit 21 Jahren wurde er Stadtrat in La Roca, acht Jahre später dann Bürgermeister. Unter Illa wurde das La Roca Village gebaut, ein Luxus-Outlet nahe Barcelona, das Jahr für Jahr Millionen Touristen anzieht - eine Erfolgsgeschichte. Illa ist in zweiter Ehe verheiratet und hat eine Tochter. Als Minister pendelt er mit dem Zug zwischen Madrid und Barcelona. Dass er nun nach Katalonien zurückkehrt, wie es seine Partei verkündet, kann man also nicht wirklich sagen. Er war nie weg.

Der 54-Jährige versteht es, mit unterschiedlichen politischen Lagern zu paktieren. Eine Fähigkeit, die ihm in Katalonien nützlich sein könnte, wo der Graben zwischen Gegnern und Befürwortern der Unabhängigkeit tief ist. Illa sagt offiziell, er werde nicht mit Separatisten regieren. Inoffiziell heißt es, Premier Sánchez wolle ihn als Vertrauten in Barcelona installieren, der die Zusammenarbeit zwischen Sozialisten und Separatisten verstärkt. Illa versichert, mit ihm setze die Erneuerung Kataloniens ein. "In den letzten zehn Jahren sind wir ärmer geworden, haben uns gespalten und an Ansehen verloren", sagte er in einem Interview. Viele trauen ihm zu, diese Spaltung zu überwinden.

Vielleicht sind es die ernsten Augen hinter seiner Clark-Kent-Brille, die ihn ein wenig melancholisch wirken lassen. Er ist ein Stoiker unter Provokateuren. Die Opposition bezeichnete ihn als "sektiererisch", "eitel", als "schwarzes Loch", "Automaten" und "wandelnde Fake News" - all das in einer einzigen Parlamentssitzung. Illa blieb ruhig. Es heißt, er habe immer ein paar Büroklammern in der Tasche, mit denen er herumspielt, wenn er angespannt ist.

Sein Amt als Minister will er aufgeben, sobald der Wahlkampf beginnt. Ob er mit seiner Kandidatur nicht Spanien in seiner schwersten Stunde im Stich lässt, hat ihn ein Journalist gefragt. "Es stimmt, die Pandemie ist noch nicht vorbei", antwortete Illa, "aber wir sind am Anfang ihres Endes."

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