Man wird nicht sagen können, dass die leicht märchenhafte Anmutung von Schloss Meseberg eine beruhigende Wirkung auf die Damen und Herren der Ampelkoalition entfaltet hätte, welche sich dort auf dem brandenburgischen Land zu Klausuren trafen. Vielleicht fürchtet Bundeskanzler Friedrich Merz ja auch ein Gespenst von Meseberg, das gleich dem Kollegen Spukgestalt von Canterville Unruhe und Furcht in die Herzen der Besucher trägt. Jedenfalls hat der Kanzler zur Kabinettsklausur in die zumindest vergleichsweise bescheidene Villa Borsig geladen. Errichtet von 1906 an als Wohnsitz des Lokomotiven-Fabrikanten Ernst Borsig auf einer Halbinsel mit dem hübschen Namen Reiherwerder am Tegeler See, dient es heute als Gästehaus des Auswärtigen Amtes. Die Unternehmerfamilie pflegte ihre repräsentativen Häuser nach sich selbst zu benennen: So gab es in Moabit eine erste 1842 erbaute Villa Borsig, die später jedoch abgetragen wurde, und ein im Zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstörtes Palais Borsig in Berlin-Mitte. Die heutige Villa Borsig ist durch ihre neobarocke Fassade mit den beiden Seitenflügeln übrigens leicht mit einem Schloss zu verwechseln. Aber vielleicht wohnt ja ein guter Geist darin.
Aktuelles LexikonWas ist die Villa Borsig?
Einst Wohnsitz eines Fabrikanten, heute Gästehaus des Auswärtigen Amtes, in das sich das Bundeskabinett zu einer Klausur zurückgezogen hat.
Von Joachim Käppner