MeinungVergewaltigungsprozesse:Gisèle Pelicot setzte durch, dass ihr Prozess öffentlich ist. So etwas sollte auch in Deutschland möglich sein

Portrait undefined Ronen Steinke

Kommentar von Ronen Steinke

Lesezeit: 1 Min.

Ihr bewundernswert gefasstes Auftreten hat viele beeindruckt: Gisèle Pelicot im vergangenen Oktober in Avignon. (Foto: CHRISTOPHE SIMON/AFP)

Hierzulande entscheiden Gerichte, ob Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Damit schützen sie oft nicht die Opfer, sondern die Täter.

„Die Scham muss die Seite wechseln.“ So klar hat es Gisèle Pelicot gesagt, die Französin, die im Gerichtssaal in Avignon ihren Vergewaltigern entgegengetreten ist. Sie hat diesen Satz nicht nur ausgesprochen, sondern ihn auch durch ihr bewundernswert gefasstes Auftreten verkörpert: Eine Geschädigte in einem Vergewaltigungsprozess muss sich niemals schämen. Wer sich schämen sollte, das sind allein die Angeklagten, sofern sie schuldig sind. Durch eine Vergewaltigung wird das Opfer niemals „entehrt“ oder „geschändet“. Das sind archaische Begriffe. Hinter ihnen steckt die alte Vorstellung einer zerbrechlichen weiblichen „Ehre“, einer sexuellen Unbeflecktheit. Diese Vorstellung gehört zu einer überkommenen patriarchalen Struktur. Die wahre Schande einer Vergewaltigung liegt immer beim Täter.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungSexuelle Gewalt
:Der Fall Pelicot entlarvt, wie lebendig längst überholt geglaubte Vergewaltigungsmythen sind

Gastkommentar von Nahlah Saimeh

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: