„Die Scham muss die Seite wechseln.“ So klar hat es Gisèle Pelicot gesagt, die Französin, die im Gerichtssaal in Avignon ihren Vergewaltigern entgegengetreten ist. Sie hat diesen Satz nicht nur ausgesprochen, sondern ihn auch durch ihr bewundernswert gefasstes Auftreten verkörpert: Eine Geschädigte in einem Vergewaltigungsprozess muss sich niemals schämen. Wer sich schämen sollte, das sind allein die Angeklagten, sofern sie schuldig sind. Durch eine Vergewaltigung wird das Opfer niemals „entehrt“ oder „geschändet“. Das sind archaische Begriffe. Hinter ihnen steckt die alte Vorstellung einer zerbrechlichen weiblichen „Ehre“, einer sexuellen Unbeflecktheit. Diese Vorstellung gehört zu einer überkommenen patriarchalen Struktur. Die wahre Schande einer Vergewaltigung liegt immer beim Täter.
MeinungVergewaltigungsprozesse:Gisèle Pelicot setzte durch, dass ihr Prozess öffentlich ist. So etwas sollte auch in Deutschland möglich sein

Kommentar von Ronen Steinke
Lesezeit: 1 Min.

Hierzulande entscheiden Gerichte, ob Verhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Damit schützen sie oft nicht die Opfer, sondern die Täter.

Meinung Sexuelle Gewalt:Der Fall Pelicot entlarvt, wie lebendig längst überholt geglaubte Vergewaltigungsmythen sind
Lesen Sie mehr zum Thema