Diplomatie:Die USA blasen Putins Nebelwand davon

Ukraine-Konflikt: Russischer Truppenaufmarsch an der Grenze

Schwarz auf weiß: Der russische Truppenaufmarsch ist auf Satellitenbildern deutlich zu sehen.

(Foto: Uncredited/dpa)

Im Umgang mit dem russischen Präsidenten hat das Weiße Haus dazugelernt. Es veröffentlicht etliche Details über die Pläne Moskaus für einen möglichen Angriff auf die Ukraine. So ist klar, wer angreift und wer angegriffen wird.

Kommentar von Hubert Wetzel, Washington

Vor acht Jahren hat Wladimir Putin den Westen überrumpelt. Russische Truppen besetzten damals die ukrainische Krim - schnell und vor allem mehr oder weniger heimlich. Während die westliche Öffentlichkeit noch darüber rätselte, wer die bewaffneten Männer in den grünen Uniformen ohne Hoheitsabzeichen waren, während Putin empört jede Verantwortung von sich wies, schafften seine Soldaten mit Gewalt Tatsachen. Die westlichen Geheimdienste wussten natürlich sehr genau, wer die "grünen Männchen" geschickt hatte. Aber sie widerlegten die Lügen des Kremls nicht. Diese Verwirrung nutzte Putin für seine Aggression.

Heute, da Putin wieder einen Angriff auf die Ukraine vorbereitet, will der Westen diesen Fehler nicht wiederholen. Das ist der Grund, warum die US-Regierung sehr ausführlich darüber spricht, was sie weiß - wie viele Truppen Russland an die ukrainische Grenze verlegt hat, welche Pläne Moskau hat, um einen Angriff als Antwort auf eine angebliche Provokation Kiews aussehen zu lassen, und wann eine Invasion beginnen könnte. Das geht so weit, dass die CIA den westlichen Verbündeten ein konkretes Datum für den möglichen Kriegsbeginn mitteilt und dieses Datum dann prompt veröffentlicht wird.

Präsident Joe Biden hält sich damit - völlig zu Recht - an das Drehbuch, das sein Vorgänger John F. Kennedy vor 60 Jahren in der Kuba-Krise geschrieben hat. Damals zeigten US-Vertreter Fotos der sowjetischen Raketen auf der Insel und der Frachter, die mehr Raketen brachten. Moskau konnte poltern und drohen. Aber es konnte nicht mehr so tun, als seien die USA die Aggressoren. So ist es auch jetzt. Die Amerikaner können Wladimir Putin nicht davon abhalten, in der Ukraine einzumarschieren, wenn er meint, das tun zu müssen. Aber sie können verhindern, dass er sich wieder hinter einer Nebelwand aus falschen Behauptungen und unklaren Informationen versteckt. Jeder, der es wissen will, kann wissen, wer hier der Angegriffene ist. Und wer der Angreifer.

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