Nein, Friedrich Merz war nicht der erste deutsche Kanzler, der Grund hatte, mit Sorge auf seinen Besuch im Weißen Haus zu blicken. Auch Ludwig Erhard (CDU) reiste 1966 mit gemischten Gefühlen nach Washington. Dabei hatte die Beziehung zwischen ihm und dem US-Präsidenten Lyndon B. Johnson sehr herzlich begonnen: Nach der Ermordung des Präsidenten John F. Kennedy im November 1963 übernahm Johnson das Amt und Erhard reiste kurz darauf zum Antrittsbesuch in die USA. Johnson begrüßte den Mann aus Deutschland auf seiner Ranch in Texas mit Barbecue und Cowboyhut. Drei Jahre später war die Stimmung dahin. Im Herbst 1966 erhielt Erhard im Weißen Haus das berüchtigte „Johnson Treatment“ durch den US-Präsidenten, eine höchst unerfreuliche Mischung aus Forderungen, Appellen und Zornausbrüchen. Nach dem Termin schickte man den deutschen Gast durch einen Seitenausgang wieder hinaus. Lyndon B. Johnson tobte, weil die Bundesrepublik seiner Ansicht nach mit Devisenzahlungen im Rückstand war, die der Amerikaner dringend brauchte, weil der Krieg der USA in Vietnam sehr viel Geld kostete. Es stimmte den Präsidenten nicht gnädiger, dass Erhard den Einsatz der Bundeswehr an der Seite des großen Verbündeten abgelehnt hatte. Als der Kanzler die Heimreise antrat, wirkte seine Delegation, so erschien es einem spöttischen französischen Beobachter, „wie ein Leichenzug aus Bonn“.
GeschichtsbildBeim US-Präsidenten

Im Dezember 1963 reiste Bundeskanzler Ludwig Erhard in die USA zum Antrittsbesuch bei Lyndon B. Johnson. Die Stimmung war damals bestens.
Von Joachim Käppner
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