Profil:Péter Márki-Zay

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Mit jeder Rede beginnt ein neues Abenteuer - für Gegner wie Anhänger: Péter Márki-Zay. (Foto: JOHN THYS/AFP)

Spitzenkandidat der ungarischen Opposition, nicht unumstritten, aber Hoffnung der Orbán-Gegner.

Von Cathrin Kahlweit

Am Donnerstag wird der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro nach einem Moskau-Besuch in Budapest zwischenlanden und dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán seine Aufwartung machen. Der Ungar war 2018 zur Amtseinführung des brasilianischen Rechtspopulisten gereist; nun soll Bolsonaro seinen Freund im ungarischen Wahlkampf unterstützen. Auch über einen Besuch des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump Ende März in Budapest wird gemunkelt. Bei Auftritten mit den zwei extrem umstrittenen, aber in Kreisen der regierenden Fidesz-Partei populären Politikern will sich Orbán auf Augenhöhe mit den Großen der Welt präsentieren.

Péter Márki-Zay präsentiert sich eher auf Marktplätzen mit ungarischen Bürgern, ihm bleibt auch wenig anderes übrig. Der 49-Jährige ist seit Herbst Spitzenkandidat der vereinigten ungarischen Opposition; aus einer Urwahl von sechs Parteien, in der er bekannte linke und rechte Politiker hinter sich ließ, ging er überraschend als Sieger hervor. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler und Marketing-Experte spricht nach einem mehrjährigen Aufenthalt in den USA und Kanada zwar fließend Englisch, er unterrichtet an der Universität Szeged und gilt als weltläufig. Aber als amtierender Bürgermeister der Regionalstadt Hódmezővásárhely kann er nicht mit der Wahlkampfunterstützung internationaler Prominenz aufwarten.

Eigentlich will die vereinigte ungarische Opposition an diesem Donnerstag ihr Programm präsentieren, was ohnehin recht spät ist angesichts der Tatsache, dass bereits in sechs Wochen gewählt wird. Aber der Besuch des Brasilianers dürfte die Schlagzeilen der ganz überwiegend in Regierungshand befindlichen Medien dominieren; gut möglich also, dass die Präsentation der Wahlkampfinhalte wie auch der endgültigen Kandidatenliste der Oppositionsparteien noch einmal verschoben wird. Womit die zwei grundlegenden Probleme von Márki-Zay schon beschrieben wären: Wer gegen einen medial und finanziell so übermächtigen Gegner wie Viktor Orbán antritt und dies mit Rückendeckung einer Gruppe lange zerstrittener und ideologisch völlig uneinheitlicher Parteien tut, der kämpft auf schwankendem Grund.

Márki-Zay über Orban: "Er ist nur ein Dieb."

Der Spitzenkandidat jedoch macht aus der Not eine Tugend. Er tourt durch das Land, will sich bekannt machen an der Basis und überzeugten Fidesz-Wählern erklären, dass die Welt nicht untergeht, wenn der Ministerpräsident nicht mehr Viktor Orbán heißt. Denn das ist der wichtigste Programmpunkt der Opposition: Orbán muss weg, die Korruption beendet, die Spaltung der Gesellschaft überwunden werden. Ein typischer Márki-Zay-Satz geht so: "Orbán ist kein Migrationsgegner, kein Christ, kein Konservativer. Er ist nur ein Dieb."

Er müsse Aufmerksamkeit erzeugen, sagt Márki-Zay dazu, damit er die Medienmaschine von Fidesz übertöne. Dass dabei auch vieles herauskommt, was seinen Mitstreitern massive Bauchschmerzen bereitet - etwa wenn er sich über die Zahl der Juden bei Fidesz auslässt oder feststellt, dass das Oppositionsbündnis auch Kommunisten und Faschisten repräsentiere -, nimmt der Spitzenkandidat offenbar billigend in Kauf. Offenen Widerspruch aus der Opposition gibt es derzeit nicht; man will den Kandidaten nicht beschädigen.

Márki-Zay gilt vielen Fidesz-kritischen Wählern nach wie vor als guter Kompromisskandidat: Er ist gläubiger Christ und hat sieben Kinder, gilt als liberal und pro-europäisch, kommt nicht aus der Budapester Blase, hat Auslandserfahrung. Bei seiner Kür zum Spitzenkandidaten war er ein weitgehend unbeschriebenes Blatt - und damit eine Blackbox auch für die aggressive Propaganda der Regierungspartei. Anna Donáth, Parteichefin der liberalen Partei Momentum, sagt über Márky-Zay, er sei sehr spontan, man wisse nie, was er als Nächstes sagen werden; seine Aufritte seien daher "immer ein Abenteuer" - was es aber auch für Fidesz schwer mache, eine Strategie gegen ihn zu entwickeln.

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