UN:Mit Wucht

80 Jahre nach der Wannseekonferenz: Zu Recht verurteilen die UN die Leugnung des Holocaust. Doch der Ungeist des Antisemitismus ist lebendig - weil er politischen Kräften nützt.

Kommentar von Cathrin Kahlweit

Die Resolution, mit der die UN-Generalversammlung in der Nacht zum Freitag die Leugnung des Holocaust verurteilt hat, ist ein schöner symbolischer Akt und eine herzerwärmende Geste der Solidarität. Weil sich die Wannseekonferenz zum 80. Mal jährte, auf der die Auslöschung der Juden geplant wurde, hatten sich Deutschland und Israel zusammengetan, um einmal mehr deutlich zu machen, was eigentlich jeder weiß: Der Holocaust war ein Menschheitsverbrechen, unvergleichlich in Perfidie und Brutalität.

Gleichzeitig aber zeigt der Beschluss auch fürchterliche Hilf- und Ratlosigkeit. Antisemitismus scheint unausrottbar zu sein, aber eine Zeit lang zumindest wirkte es, als schliefe da etwas ein, als hätten viele Europäer und zumal die Deutschen gelernt und verstanden. Mit welcher Selbstverständlichkeit allerdings mit neuer Wucht und alten Stereotypen antijüdische Vorurteile von Rechten als Mobilisierungsmittel genutzt, von alten und neuen Extremisten mit neuen Inhalten und neuen Zielpersonen aufgeladen, von ungebildeten Naivlingen aufgesogen und weiterverbreitet werden, das hat neue Qualität. Während in New York gewarnt wurde, dass die Opfer von einst nicht vergessen werden dürfen, werden neue Opfer bedroht.

Mit der UN-Resolution ging der Appell an die Betreiber sozialer Medien einher, Antisemitismus im Netz zu bekämpfen. Doch er ist nun zurück und stark wie lange nicht. Weil er Staaten, Parteien, Populisten wieder nützlich erscheint.

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