Süddeutsche Zeitung

Türkei:Der Wendige

Der türkische Präsident Erdoğan ist gescheitert, sein Land als nahöstliche Vormacht des 21. Jahrhunderts zu etablieren. Jetzt will er sich mit Ägypten aussöhnen.

Von Tomas Avenarius

Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan ist ein bemerkenswert wendiger Politiker. Erst legt er sich breitbrüstig an mit Gott und der Welt im Nahen Osten, dann schaltet er plötzlich wieder um zu einer Politik der diplomatischen Umarmung. Ob er damit Erfolg hat, wird sich zeigen: Erdoğan sucht die Aussöhnung mit Ägypten und den Golf-Staaten. Die haben nicht vergessen, dass der Türke sich während des Arabischen Frühlings auf die Seite der Aufständischen geschlagen und dabei auf die Muslimbrüder gesetzt hatte. Doch die - und nicht die Könige, Diktatoren und Generäle - haben den Konflikt am Ende verloren, ob in Syrien oder in Ägypten.

Jetzt klopft Erdoğan in Kairo an, obwohl er den dortigen Staatschef Abdel Fattah al-Sisi als üblen Putschisten und Islamisten-Fresser (beides zu Recht) geschmäht hat. Eine Aussöhnung mit Staatschef Abdel Fatah al-Sisi ist Voraussetzung dafür, dass die Türkei ihre Isolation überwinden kann: Ägypten bleibt arabische Vormacht.

Dem Zwischenstand nach ist Erdoğans Politik gescheitert, sein Land als nahöstliche Vormacht des 21. Jahrhunderts zu etablieren. Aber die Eigenheit dieser Region ist, dass sich die Entwicklungen schwer voraussagen lassen. Erdoğan mag einen Gang zurückschalten - aufgeben wird er nicht.

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