Profil:'Aho'eitu Tupou VI.

König eines Inselreichs unter Vulkanasche

Von Jan Bielicki

Wer König ist in Tonga, der residiert mit Meerblick. Etwa 170 Inseln, davon 36 bewohnt, umfasst das pazifische Königreich. Doch der Ozean kann gefährlich sein: Bevor die Auswirkungen des gewaltigen Ausbruchs des Vulkans Hunga Tonga-Hunga Ha'apai das Internet und die Telefonverbindungen im Inselstaat zusammenbrechen ließen, war auf Videoaufnahmen noch zu sehen, wie die Flutwelle des Tsunami den Königlichen Palast am Fanga-tapu umspülte, dem "Heiligen Strand" in der Hauptstadt Nuku'alofa.

Den Hausherrn, König 'Aho'eitu Tupou VI., soll ein Militärkonvoi in die relative Sicherheit seines Landhauses gebracht haben, wie Medien im Nachbarstaat Fidschi meldeten. Diese Villa liegt nahe dem Hügel Mataki'eua, der mit nur 28 Metern Höhe höchster Punkt der Hauptinsel Tongatapu ist - und damit anschaulicher Beleg dafür, wie sehr die im Klimawandel steigenden Meeresspiegel das Inselreich bedrohen. Auf diese Gefahr hat der König schon in der Vergangenheit die Welt immer wieder hingewiesen.

Und er ist auch nun gefragt, sobald sich die Vulkanasche gelegt hat. Zwar liegen die Regierungsgeschäfte inzwischen offiziell beim Premierminister, doch das umschreibt die Macht des Königs nur ungenügend. Der 62-Jährige ist selbst einer der erfahrensten Politiker in dem Land mit nur 100 000 Bürgerinnen und Bürgern - erst recht, seit die Parlamentswahl im November die politischen Verhältnisse durcheinanderschüttelte und die bisher regierende Demokratische Partei der Freundlichen Inseln gründlich dezimierte. Der neue Premier Siaosi Sovaleni ist erst seit drei Wochen im Amt.

König Tupou dagegen kann sich als, so sein traditioneller Ehrentitel, 24. Tu'i Kanakopulo nicht nur auf das Prestige eines Herrscherhauses berufen, dessen Wurzeln bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen und dessen 19. Familienoberhaupt Tufa'ahau als Siaosi Tupou I. die Inseln 1845 zum Königreich Tonga zusammenschloss. Der Monarch hat selbst lange Regierungspraxis.

Der Vater galt als "dickster König der Welt"

Als drittältester Sohn von König Taufa'ahau Tupuo IV. wurde er systematisch auf eine Karriere an der Spitze des strikt christlich geprägten Landes vorbereitet, in dem die königliche Familie nur noch ein politischer Akteur neben anderen ist, wenn auch ein herausragend wichtiger. Sein Vater - international bekannt als "dickster König der Welt" - hatte Tonga bis zu seinem Tod 2006 vier Jahrzehnte lang gestützt auf die 33 eingesessenen Familien des Adels noch ziemlich unumschränkt beherrscht.

Der Sohn, der vor seiner Krönung noch den Namen 'Aho'eitu 'Unuaki'otonga Tuku'aho trug, ging zunächst zur kleinen Marine des Landes. Während er zum Kommandeur eines Patrouillenboots aufstieg, studierte er zudem Verteidigung und Internationale Politik am US Naval War College und in Australien.

1998 trat er als Außen- und Verteidigungsminister ins Kabinett ein, zwei Jahre später berief ihn sein Vater zum Premierminister. In seine Amtszeit fällt ein Versuch, unbotmäßige Medien unter die Kontrolle der Adelselite zu bringen. Er löste eine im Land bis dahin nie gesehene Protestwelle aus. 2006 legte der Königssohn daraufhin alle Regierungsämter nieder. Wenige Monate später - König war nach dem Tod des Vaters inzwischen sein älterer Bruder Tupou V. - eskalierten die Proteste zu blutigem Aufruhr, den die Regierenden mit Hilfe australischer und neuseeländischer Soldaten niederschlugen - und der in der Konsequenz doch zu demokratischen Reformen führte.

Schon Tupou V. gab viele seiner Machtbefugnisse an einen Premierminister ab, der vom Parlament gewählt wird - in dem jedoch immer noch neun von 26 Sitzen für den Adel reserviert sind. Als der jetzige König nach dem Tod seines Bruders 2012 den Thron bestieg, übernahm er diese verfassungsrechtlich deutlich zurückgenommene Rolle. Wie Tupou VI. sie nach der Naturkatastrophe ausfüllt, ist nun seine bisher größte Herausforderung.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusAusbruch im Pazifik
:Die Angst vor dem unsichtbaren Tsunami

Die Eruption bei Tonga war eine der heftigsten seit Jahrzehnten. Satellitenaufnahmen zeigen eindrucksvoll die Gewalt der Natur. Wird die Aschewolke auch Folgen für das weltweite Klima haben?

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: