Süddeutsche Zeitung

Corona:Testen, testen, testen

Schnelltests lösen nicht alle Probleme. Aber wenn das Impfen so schleppend läuft wie aktuell, können sie den Weg zu mehr Freiheiten ebnen.

Kommentar von Christina Berndt

Es gibt im Großen und Ganzen zwei Wege, wie man endlich aus diesem Lockdown herauskommt. Wie man der Gesellschaft mehr Freiheiten ermöglichen kann, ohne dass das Coronavirus sofort zurückschlagen wird. Die Erwähnung des einen Weges tut gerade besonders weh. Der heißt: Impfen, impfen, impfen. Dass dieser so glatte und erfolgversprechende Weg in Deutschland gerade zur Schotterstraße mit erheblichen Schlaglöchern mutiert ist, ist eine Katastrophe. Denn Impfungen können die Pandemie im Kern bekämpfen und sie nicht nur ausbremsen.

Wenn man aber gerade nicht so viel impfen kann, wie es nötig wäre, dann gilt es, den zweiten Weg aus dem Lockdown mit umso größerer Kraft zu verfolgen. Und der heißt: Testen, testen, testen. Natürlich helfen Tests an sich nicht gegen das Coronavirus. Aber sie helfen dabei, eine der effizientesten Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus zu optimieren: die Kontaktreduktion. Denn am besten ist es selbstredend, wenn jene Menschen ihre Kontakte möglichst umgehend auf null herunterschrauben, die gerade ansteckend sind.

Ein einfaches Instrument dafür gibt es längst: Es ist der Antigen-Schnelltest. Er kann den Besuch von Schule oder Seniorenheim für alle sicherer machen, wenn er am Eingang verpflichtend ist. Aber er kann auch Menschen zu Hause unterstützen. Denn ob man gerade zu den Treibern der Pandemie gehört, lässt sich nun einmal nur mit einem Test herausfinden. Je leichter der Zugang zu einem solchen ist und je schneller das Ergebnis vorliegt, desto eher werden Menschen diese Möglichkeit auch nutzen. Wer vor dem Besuch eines Freundes, dem Treffen im Park oder dem Gang ins Büro nur mal eben ein Wattestäbchen in seiner Nase herumdrehen und es mit Hilfe eines Plastikkärtchens auswerten muss, der wird das auch tun. So können Schnelltests ein klares Nein vor geplante Aktivitäten setzen.

Eine Kampagne für Selbsttests muss mit Informationen einhergehen

Es ist deshalb richtig, dass es in Deutschland endlich Schnelltests für zu Hause geben soll. Anfang des Monats hat Bundesgesundheitsminister Jens Spahn den rechtlichen Weg dafür freigemacht. Derzeit arbeitet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte daran, die besonders validen Tests auch zuzulassen. Der nächste Schritt sollte es dann sein, den Zugang so niedrigschwellig wie möglich zu gestalten. Österreich ist hier ein gutes Beispiel. Dort soll jeder Bürger vom 1. März an gratis fünf Corona-Selbsttests pro Monat erhalten.

Zu Recht werden in der Debatte um den Nutzen solcher Wohnzimmertests auch Bedenken formuliert. Es ist richtig, dass die Tests zu einem falschen Sicherheitsgefühl beitragen können. Dass Menschen womöglich unverantwortlich damit umgehen. Aber diese Probleme gibt es ohne Schnelltests auch: Leicht ignorieren Menschen ihr Halskratzen, wenn eine Abklärung bedeutet, dass sie erst einmal einen Termin in einem Testzentrum machen müssen.

Um Fehler zu vermeiden, ist es deshalb wichtig, die Freigabe von Heim-Selbsttests mit einer breiten Informationskampagne zu begleiten. Die Menschen müssen wissen, wie sie den Test genau vornehmen müssen, damit er ein verlässliches Ergebnis liefern kann. Und sie müssen wissen, dass man sich auch bei einem negativen Ergebnis so verhalten muss, als wäre man gerade infektiös. Abstand, Hygiene und Maske sind weiterhin ein Muss. Ein positives Ergebnis aber heißt: sofort zum verlässlicheren PCR-Test gehen und sich isolieren.

So ist es in der Pandemie: Es kommt auf jeden Einzelnen an. Jeder Einzelne kann sie durch sein Verhalten verstärken. Es kann aber auch jeder Einzelne durch verantwortungsvollen Umgang zu ihrer Eindämmung beitragen. Bund, Länder und Kommunen haben jetzt eine große Chance: Sie können der Gesellschaft einen sicheren Weg aus dem Lockdown eröffnen. Mit Tests für alle, wenn es denn schon an den Impfungen hapert.

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