Süddeutsche Zeitung

Terrorismus:Offenbarung

Bundeswehroffizier Franco A. zeigt sich vor Gericht radikal. Erstaunlich, dass das vorher niemand bemerkt hat.

Von Annette Ramelsberger

Im Fußball heißt es: Die Wahrheit liegt auf dem Platz. Vor Gericht ist es ähnlich: Erst was im Gerichtssaal geschieht, entscheidet einen Fall. Die Akten können einen Plan noch als hanebüchen erscheinen lassen, erst die Person des Angeklagten zeigt, ob was dran ist. So ist es auch im Fall des Bundeswehroffiziers Franco A.

Eigentlich wollte sich das Oberlandesgericht Frankfurt gar nicht mit seinem Fall beschäftigen, zu irrwitzig erschien, was da alles zusammenkam: Der Bundeswehroffizier hatte sich eine zweite Identität als syrischer Asylbewerber aufgebaut, mehr als ein Jahr staatliches Geld erhalten und sich heimlich Waffen beschafft. Die Bundesanwaltschaft ging davon aus, dass er einen Terroranschlag auf Politiker plante und den dann dem selbsterschaffenen Flüchtling in die Schuhe schieben wollte.

Dieses Konglomerat erschien den Frankfurter Richtern als zu unglaublich, als dass sie es richtig ernst nehmen konnten. Erst der Bundesgerichtshof hat sie dazu verpflichtet, die Terroranklage zuzulassen. Doch nun hat sich der Wind gedreht: Das OLG Frankfurt hat den Angeklagten, der bisher als freier Mann entspannt ins Gericht kam, per Haftbefehl festsetzen lassen. Es geht davon aus, dass der Angeklagte sich kurz vor Prozessende ins Ausland absetzen wollte.

Schon in den vergangenen Wochen ist das Gericht unnachsichtiger geworden: Die Richter hatten Franco A. reihenweise goldene Brücken gebaut, er ging nicht darüber. Statt klare Aussagen zu machen, wand sich Franco A. wortreich, als fühle er sich klüger als die Richter. Und: Weil sich Franco A. nicht impfen ließ, verging jeden Morgen Zeit mit seinem Test. Am schwersten aber wog das, was Franco A. im Gericht vorbrachte: Der Vorsitzende Richter hat sich seinen "antisemitischen Blödsinn" vor Kurzem sogar verbeten. Es ist erstaunlich, dass einer wie Franco A. sich im Gerichtssaal so schnell so nachhaltig entlarvt, und noch erstaunlicher, dass seine Offizierskameraden, die als Zeugen auftraten, nicht bemerkt haben wollen, wie radikal ihr Kollege ist.

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