Großbritannien:Frau für ernste Zeiten

Lesezeit: 2 Min.

So distanziert wie bisher wird Amber de Botton ihrem neuen Chef Richi Sunak nicht mehr begegnen, aber womöglich trotzdem mit strengem Blick. (Foto: LinkedIn)

Der neue britische Premierminister Rishi Sunak verpflichtet die ITV-Journalistin Amber de Botton als neue Kommunikationschefin. Er hat nun etwas, das seiner Vorgängerin Liz Truss fehlte: einen Profi in einer Schlüsselposition.

Von Michael Neudecker

Im März vergangenen Jahres veröffentlichte das Team des damaligen britischen Finanzministers Rishi Sunak ein Foto, das ihm viel Spott einbrachte. Auf dem perspektivisch verzerrt von oben aufgenommenen Bild stehen Sunak und seine Kollegen im Treppenhaus von Downing Street, Sunak hält den roten Koffer des Finanzministers, dahinter reihen sich seine Kolleginnen und Kollegen um die beiden Kurven der Treppe hinunter, alle blicken hinauf in die Kamera. Rishi Sunak ist jetzt Premierminister, das Treppenhaus-Bild ist daher dieser Tage wieder aufgetaucht. "Wenn du aus der Toilette im Wetherspoons rauskommst", schrieb jemand auf Twitter, als Anspielung auf die oft lange Schlange unglücklich Wartender in den Filialen der Pub-Kette.

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Auch die profilierte Fernsehjournalistin Amber de Botton postete das seltsame Bild damals auf ihrem Twitter-Account, dazu stellte sie ein gruseliges Foto des Babys aus dem Film "Labyrinth". Rishi Sunak hat schon öfter Bilder und Videos von sich veröffentlicht, die für Spott sorgten, aber es kann gut sein, dass ihm das in Zukunft nicht mehr passiert. Amber de Botton, bisher Leiterin des UK-News-Ressorts bei ITV, ist Rishi Sunaks neue Kommunikationschefin.

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Downing Street bestätigte die Verpflichtung am Wochenende, Sunak bekommt damit etwas, das seiner Vorgängerin Liz Truss fehlte: einen Profi an einer Schlüsselposition in seinem Team. Unter Liz Truss teilten sich Adam Jones und Jason Stein die Rolle, zwei Anfang Dreißigjährige. Beide hatten zwar etwas Erfahrung bei PR-Agenturen und im Regierungsapparat gesammelt, es fehlte ihnen aber Erfahrung im Journalismus, was im Zusammenspiel mit Truss' fehlendem Kommunikationsgeschick zu deren Scheitern beitrug. Die Bedeutung eines guten Kommunikationschefs ist unbestritten in der Politik, spätestens seit Alastair Campbell, ehemals Politik-Ressortleiter beim Daily Mirror, 1994 zum damaligen Labour-Chef Tony Blair wechselte.

Campbell moderiert heute unter anderem den Podcast "The Rest is Politics", in dem er mit dem früheren Tory-Minister Rory Stewart Politik erklärt, er kritisiert darin immer wieder auch die Fokussierung der britischen Medien auf die Westminster-Blase. Er weiß, wovon er spricht: In den 1990ern erfand er den Job des "Spin Doctor" gewissermaßen. Der ist, anders als die Beamten des "Civil Service", parteiisch; seine Aufgabe ist es, die Botschaften der Regierung zu verkaufen - mit dem gewünschten "Spin". Das führt immer wieder zu Konflikten, nicht nur in Großbritannien entscheiden Medien ja immer noch gern selbst den Spin ihrer Geschichten. Für den politischen Erfolg aber ist eine gute Vermittlung von erheblicher Bedeutung. Vor allem dann, wenn es um unbequeme Entscheidungen geht, wie jene, die Rishi Sunak bevorstehen. Steuererhöhungen, zum Beispiel.

Politiker holen häufig renommierte Journalisten als Kommunikationschefs, gern besonders kritische. Denn nur ein Spin Doctor, der die Schwachstellen des Chefs erkennt, ist ein guter Spin Doctor. Amber de Botton leitete das ITV-Team, das mit seinen Enthüllungen den Partygate-Skandal ins Rollen brachte, das Team bekam dafür einen Preis verliehen. Zuvor war sie mehrere Jahre Politik-Chefin bei ITV und stellvertretende Politik-Leiterin bei Sky News, nachdem sie für andere Medien als Korrespondentin im Parlament gearbeitet hatte. Sie hat Politik und Geschichte an der Durham University studiert, schon 2020 galt sie als Anwärterin auf den Job der Kommunikationschefin des Finanzministers Sunak, wozu sie sich allerdings nie öffentlich geäußert hat.

Kolleginnen wie die Sky-News-Frontfrau Beth Rigby gratulierten ihr zum neuen Job. De Bottons Verpflichtung wird unter de Bottons Ex-Kollegen nun auch als Zeichen gesehen: dafür, dass Rishi Sunak es ernst meinte, als er bei seiner Antrittsrede sagte, er wolle die Fehler seiner Vorgängerregierung reparieren.

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