Sport:Der Cristiano Ronaldo der Sumo-Ringer

Sport: Mongolian yokozuna Hakuho performs during a special Grand Sumo Tournament Hakkiyoi KITTE held at the Tokyo KITTE commercial complex located in front of Tokyo Station on August 26, 2018, Tokyo, Japan. Every year sumo wrestlers take part in a special tournament in front of Tokyo Station to promote the culture of sumo wrestling. Noxthirdxpartyxsales PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY (85145250st) (imago_imago_sp_0928_09150013_003)

Mongolian yokozuna Hakuho performs during a special Grand Sumo Tournament Hakkiyoi KITTE held at the Tokyo KITTE commercial complex located in front of Tokyo Station on August 26, 2018, Tokyo, Japan. Every year sumo wrestlers take part in a special tournament in front of Tokyo Station to promote the culture of sumo wrestling. Noxthirdxpartyxsales PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY (85145250st) (imago_imago_sp_0928_09150013_003)

(Foto: Rodrigo Reyes Marin/Imago Sportfotodienst)

17 Jahre lang ist er für die Nation ein Riese gewesen. Nun hört Nationalheld Hakuho Sho auf. Für Japan eine große Sache.

Von Thomas Hahn, Tokio

Auch als zurückgetretener Sumo-Held muss man die Gepflogenheiten des uralten japanischen Nationalsports beachten. Hakuho Sho trug bei seiner Abschiedspressekonferenz in Tokio deshalb einen dunklen Kimono. Sein schwarzes Haar hatte er streng zurückgekämmt und zum Dutt gebunden. Er sah so aus, wie man außerhalb des Ringes aussehen soll als Yokozuna, als Sumo-Ringer höchsten Ranges. Trotzdem konnte Hakuho, 36, nicht verbergen, dass er die persönliche Entfaltung eines Kämpfers wichtig findet - als er nämlich erklärte, warum er ein Trainer wie sein Stallmeister Miyagino werden wolle. "Er begegnet seinen Ringern mit Wärme und Sorgfalt", lobte Hakuho. Mehr noch: Miyagino habe ihnen immer geraten, ihr einzigartiges Talent zu pflegen.

Der Rücktritt von Hakuho ist eine große Geschichte in Japan. 17 Jahre lang war er ein prägender Riese des Sportalltags im Inselstaat, 1,92 Meter groß, 155 Kilo schwer. Aber auch ein Grenzgänger in der strengen Sumo-Welt, der oft mit Japans Sumo-Verband JSA in Konflikt kam. Er war Retter und Rebell, wurde gefeiert und gescholten. Experten vergleichen Hakuhos Bedeutung im Sumo mit der von Cristiano Ronaldo im Fußball. Trotzdem lief er Gefahr, nach der Karriere nicht Trainer werden zu dürfen. Am vergangenen Donnerstag erteilte ihm die JSA die Erlaubnis dafür. Aber erst, nachdem Hakuho das Versprechen unterschrieben hatte, den Regeln zu folgen. Normalerweise ist so eine Unterschrift nicht nötig.

Mit 15 kam er aus der Mongolei, 62 Kilo schwer, 1,80 Meter groß

Sein rauer Kampfstil und seine emotionale Art ecken an bei den Tugendwächtern. Und viele Kritiker glaubten auch, den Grund für Hakuhos Betragen zu kennen: Als Ausländer könne er sich eben nicht der feinen japanischen Sumo-Art anpassen.

Hakuho hat seit 2019 die japanische Staatsbürgerschaft. Die braucht er, um eines Tages selbst einen Sumo-Stall gründen zu können. Aber geboren ist er 1985 unter dem Namen Mönchbatyn Dawaadschargal in Ulan-Bator. Viele Sumo-Könner kommen mittlerweile aus der Mongolei. Es gibt dort eine traditionelle Variante des Ringkampfes, die eine gute Sumo-Vorbereitung zu sein scheint. Auch Mönchbatyn stammte aus einer Ringer-Familie. Sein Vater Dschigdschidiin Mönchbat gewann 1968 in Mexiko-Stadt Olympia-Silber im Freistilringen. Er selbst träumte früh von einer Sumo-Karriere.

Mit einigen anderen mongolischen Jungen kam er 2000 nach Japan. Er war 15, wog nur 62 Kilo bei 1,80 Meter Körpergröße. Die meisten Stallmeister hatten kein Interesse an einem derart schmächtigen Burschen. Nur Miyagino erkannte das Talent. So ging es los.

1187 Siege hat er gesammelt

2004 kämpfte Hakuho erstmals in der Makuuchi, der höchsten Sumo-Liga. 2007 wurde er Yokozuna und blieb es bis zum Schluss, ungewöhnlich lange. 1187 Siege hat er gesammelt - Rekord. Als er im Juli das Traditions-Basho in Nagoya gewann, war das sein 45. Makuuchi-Turniersieg - ebenfalls Rekord. Er kämpfte, wie kein anderer kämpfte: zupackend, aber mit fließenden Bewegungen. Wegen seiner Auftritte kamen die Fans sogar in den Jahren nach 2008 zum Sumo, als den Sport ein Skandal nach dem anderen belastete: Gewalt im Training, die einen jungen Sumotori sogar das Leben kostete. Drogenmissbrauch, Kampfabsprachen, Kontakte zur Mafia. Hakuhos Glanz lenkte von den Krisen ab.

Trotzdem war Hakuho bei der JSA nicht beliebt. Seine Vergehen? Er langte Widersachern zu häufig ins Gesicht. Forderte das Publikum zu Jubel oder Applaus auf. Zeigte seinen Ärger über Schiedsrichterentscheidungen. Normalerweise sind Emotionen im Sport erwünscht. Beim Sumo sind sie ein Regelverstoß. Hakuho hatte Probleme mit dem japanischen Anspruch, dass der Einzelne sich nicht zu wichtig nehmen soll.

Jetzt ist es ja vorbei. Die Knie machen nicht mehr mit. Und vielleicht hat auch Hakuhos Seele genug vom Leben als Sumo-Profi. Zum Abschied sagte er, ihn erfülle "ein Gefühl der Erleichterung".

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