Umgangsformen:#Strenz

Mit dem Tod endet jede Auseinandersetzung. Wenn das nur jeder begreifen würde.

Von Detlef Esslinger

Dass man Zivilität nie für garantiert halten darf, wird einem fast jeden Tag neu vorgeführt; am Montag indem bei Twitter nicht nur #Ausgangssperre und #XabiAlonso besonders häufige Hashtags und Begriffe waren, sondern auch #Strenz. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Karin Strenz war am Vorabend plötzlich gestorben; es waren nicht ihre Reden im Plenarsaal, weshalb sie vielen ein Begriff ist.

Karin Strenz hatte schon seit Jahren mit ihrem Ruf dafür gebüßt, dass ihr bezahlte Lobbyarbeit fürs Regime von Aserbaidschan vorgeworfen worden war; wer als MdB nicht über jeden Zweifel erhaben ist, schadet dem Ansehen auch aller anderen MdBs. Nun aber ist Strenz tot, gestorben mit 53 Jahren, und von etlichen in der Twitteria ist Stille natürlich prinzipiell zu viel verlangt. Doch fühlt sich wirklich irgendwer besser, nachdem er nun seinen Kübel Häme entleert hat?

Pietät heißt nicht, jemanden zu verklären, auf den man eben noch zornig war. Die Unionsfraktion enthielt sich am Montag jeder politischen Würdigung, aber sie stellte auf ihre Homepage ein Foto der Verstorbenen, ihr Vorsitzender sprach mit zwei warmherzigen Sätzen Mitgefühl aus. Mit dem Tod endet jeder Streit, eigentlich ist das leicht zu begreifen. Wer sich auf seinen Anstand besinnt, begeht auch einen Dienst an sich selbst.

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