Es gibt ein paar hübsche Grundsätze, auf die Christian Lindner in den vergangenen Monaten immer wieder gepocht hat. Da ist etwa die Aussage, dass der Staat nicht alle Lasten der gegenwärtigen Krise wird ausgleichen können. Dass er an der Schuldenbremse festhalte und die Ampelkoalition deshalb Prioritäten setzen müsse bei ihren Projekten, weil man sich nicht alle Vorhaben leisten kann. Für all das gibt es gute Argumente. Allerdings sollte der FDP-Chef dann auch bei den Hilfen gegen die harschen Preissteigerungen die Konsequenz ziehen. Prioritäten setzen in der Krise heißt: diejenigen zuvorderst unterstützen, die sich hohe Rechnungen für Gas und Öl und teurere Lebensmittel am allerwenigsten leisten können. Also gezielte Unterstützung für Menschen mit niedrigem Einkommen.
Eine breite Steuerentlastung gegen die Folgen der Inflation, wie sie Lindner verlangt, ist zwar wünschenswert, gezielt aber ist sie nicht. Sie würde gerade diejenigen entlasten, die ein gutes Einkommen haben - und es am ehesten verschmerzen können, wenn der Staat hier eben nicht alle Folgen der Preissteigerungen ausgleicht. Die Milliarden hierfür wird man womöglich noch dringend brauchen für einen Winter, in dem Gas noch knapper und Energie noch teurer wird. Natürlich kann es nicht darum gehen, mit gewaltigem Aufwand ausschließlich Geringverdienern zu helfen. Aber es gibt probate Mittel, die Hilfen besser zu verteilen: Zuschüsse für alle Beschäftigten in gleicher Höhe. Hier bewirkt schon die Steuer, dass bei den Menschen mit geringem Einkommen mehr übrigbleibt als bei denen mit hoher Lohnabrechnung.
Besonders heikel ist die Lage bei Menschen, die bei den laufenden Hilfspaketen weitgehend leer ausgehen: Menschen, die zu viel verdienen, um Grundsicherung zu bekommen, aber zu wenig, um von den bisherigen Steuererleichterungen und Zuschüssen groß zu profitieren. Sie haben tatsächlich Priorität verdient und weitere Unterstützung noch in diesem Jahr.