Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Stau

Es gibt ihn nicht nur auf Straßen. Sondern auch zu Wasser. Wie jetzt vor Shanghai.

Von Paul Munzinger

Alles fließt, behauptet der griechische Philosoph Heraklit. Schön wär's. 685 000 Staus gab es im vergangenen Jahr allein auf deutschen Autobahnen. Macht 685 000 vom ADAC dokumentierte Beweise, dass manchmal gar nichts fließt (vom Schweiß einmal abgesehen, schließlich ist im August Stauhochsaison). Dazu kommen noch die Landstraßen und die Innenstädte; in Hamburg, laut Verkehrsindex des Navigationsgeräteherstellers Tomtom Deutschlands Stauhauptstadt, verbringt man von einer 30-minütigen Autofahrt (oder besser: Auto-"Fahrt") im Schnitt elf Minuten im Stau. Doch natürlich gibt es den Stau - abgeleitet vom niederdeutschen stouwen: stehen, stellen - nicht nur auf der Straße. Vielmehr entsteht er überall da, wo Stillstand herrscht, aber eigentlich Bewegung sein sollte. Wasser staut sich, Gefühle stauen sich, Reformen stauen sich. Und selbst auf den Verkehrsstau hat die Straße kein Monopol: Bei Gewitter stauen sich die Flugzeuge in der Luft, weil sie nicht landen können; bei eingleisigen Strecken stauen sich die Züge; und manchmal, wenn die Waren nicht aus dem Hafen ins Hinterland abfließen können, dann stauen sich sogar die Schiffe auf dem Meer. So ist es zurzeit vor Shanghai - eine der vielen unerfreulichen Nebenwirkungen des dortigen No-Covid-Lockdowns.

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