Stasi:Kein Schlussstrich

Nach 30 Jahren ist es an der Zeit, die Stasi-Unterlagen dem Bundesarchiv zu übergeben. Aber deshalb muss und darf die Auseinandersetzung mit dem System DDR nicht enden.

Von Jens Schneider

Die Allgegenwart der Spitzel der DDR-Staatssicherheit spiegelt sich in bizarren Zahlen. 111 Kilometer umfassen die Akten, die in der Stasi-Unterlagenbehörde lagern. Sie bergen unzählige Geschichten von Verrat und Leid. Es gehörte zu den herausragenden Verdiensten der Bürgerbewegung in der DDR, dass sie vor 30 Jahren nicht vernichtet oder weggeschlossen, sondern Opfern zugänglich gemacht wurden. Nun aber war es höchste Zeit, dass der Bundestag die Integration dieser Akten in das Bundesarchiv beschlossen hat. Dabei darf man jedoch im Umgang mit der DDR-Geschichte nicht stehen bleiben.

Zu Recht gilt die Offenhaltung der Akten international als vorbildlich. Mehr als drei Millionen Menschen stellten einen Antrag auf Einsicht in ihre Akten. Zwar geht das Interesse zurück, doch es gibt weiterhin Anfragen. Schon deshalb war es wichtig, dass die Akten offen bleiben und von einem Schlussstrich keine Rede ist.

Allerdings wäre diese Zäsur ein guter Anlass gewesen, Konsequenzen aus einer nach dem Ende der DDR entstandenen Schieflage zu ziehen. Oft wurde in den vergangenen dreißig Jahren der Blick auf die Stasi verengt und dabei übersehen, dass der üble Geheimdienst im Auftrag handelte, Teil eines Systems war. Es sollte mehr investiert werden, um in der historischen Forschung und der Bildungsarbeit den Blick über die Stasi hinaus zu weiten.

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