Italien:Berlusconi ist eine Zumutung

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Der Drang des ehemaligen Premiers zum Präsidentenamt ist ein Trauerspiel - in einem denkbar schlechten Moment.

Von Oliver Meiler

Natürlich ist Silvio Berlusconi hochgradig ungeeignet für das Amt des Präsidenten der italienischen Republik. Das ist eigentlich allen klar, auch denen, die eine Woche vor der Wahl im Parlament gerade das Gegenteil behaupten. Wahrscheinlich weiß er das selbst auch.

Dabei ist das Alter noch das kleinste Problem: Berlusconi ist 85 Jahre alt, das Mandat dauert sieben Jahre - aber italienische Präsidenten waren immer schon alte Männer. Nein, Berlusconi ist unwählbar, weil er in seiner schon viel zu langen politischen Karriere die anvertraute Macht und seine privaten Medien oft zum eigenen Vorteil nutzte und damit den demokratischen Wettbewerb verzerrte. Weil er Gegner klein und Faschisten groß gemacht hat. Weil er niedere Instinkte bediente und so das Spiel der Populisten erfand. Weil er immer spaltete, fast 30 Jahre lang. Sein privater Lebenswandel? Wenn der Präsident ein Modell sein soll, ein Vater der Nation, dann kann man sich kein schlechteres Casting für die Rolle vorstellen.

Doch Berlusconi versucht es trotzdem, mit dem ihm ganz eigenen Selbstverständnis: Er hält sich für einen "Gesalbten des Herrn", wie er einmal sagte - was ist da schon die Präsidentschaft? Der italienischen Rechten, die er begründet hat, zwingt er seine Kandidatur regelrecht auf. Man könnte sich fragen, ob er nur blufft, um sich dann im opportunen Moment als Königsmacher zu profilieren. Doch das würde ja bedeuten, dass er einen anderen Präsidenten im Kopf hat, einen besseren Namen als seinen eigenen: für das Wohl des Landes. Sehr wahrscheinlich ist das nicht.

Und so muss befürchtet werden, dass Silvio Berlusconi das Land, das sich gerade erholt, wirtschaftlich und politisch, mit seinem letzten, eitlen Manöver ins Chaos stürzt. In ein langes Wahlprozedere, das die eben erst zurückgewonnene Glaubwürdigkeit Italiens wieder auf das Niveau der alten Klischees stutzt. Allein dass er noch immer alle vorführt, ist ein Trauerspiel.

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