Panne der US-RegierungSignal, eine App für fast jedes Geheimnis – sofern der Chat-Partner stimmt

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US-Verteidigungsminister Pete Hegseth weiß augenscheinlich, wie man ein Telefon benutzt, aber offensichtlich nicht immer, wer sich in seinen Chat-Gruppen tummelt.
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth weiß augenscheinlich, wie man ein Telefon benutzt, aber offensichtlich nicht immer, wer sich in seinen Chat-Gruppen tummelt. (Foto: Leah Millis/Reuters)

Die Anwendung genießt unter Experten für Cybersicherheit den besten Ruf, weil sie die Privatsphäre ihrer Nutzer wahrt und am wenigsten Daten über diese sammelt.

Von Jannis Brühl

Immerhin, könnte man sagen, sie haben Signal benutzt. Nicht etwa Whatsapp oder Telegram.

Die App Signal macht Schlagzeilen, weil augenscheinlich US-Vizepräsident J. D. Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth und andere Regierungsmitglieder dort in einem Chat Luftschläge gegen die Huthi-Miliz in Jemen besprachen und dann mit Flammen- und Faust-Emojis feierten. Solche heikle Kommunikation darf eigentlich nicht über Signal laufen.

Unter Experten für Cybersicherheit genießt die App allerdings den besten Ruf. Sie erfasst nur ein absolutes Minimum an Daten zur Kommunikation ihrer Nutzer. Vor allem sind Chats und Anrufe mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gesichert, das bedeutet: Wenn Hacker einen Chat abgreifen, sehen sie nur unentwirrbaren Zeichensalat. Signal selbst kann Chats auch nicht lesen, sogar wenn etwa die Polizei den Anbieter dazu zwingen will. Das Software-Protokoll, auf dem Signals Verschlüsselung basiert, hat dessen Erfinder, der eigenwillige Hacker Moxie Marlinspike, einst entwickelt. Es ist die Nemesis von Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden.

Whatsapp nutzt dasselbe Protokoll; dass die App aber zum notorisch datenhungrigen Meta-Konzern gehört, gibt Abzüge beim Datenschutz. Telegram gilt ähnlich wie Signal als rebellisch und staatsfern, verschlüsselt aber Chats nicht automatisch so stark wie Signal.

Hinter der App steht eine Stiftung, die sich durch Spenden finanziert – und mit Millionen vom Whatsapp-Gründer

Datenverkehr auf Signal als Außenstehender mitzuschneiden, bringt also nichts. Um einen Chat abzugreifen, muss man Zugriff auf ein Handy der Teilnehmenden haben – wie der Atlantic-Chefredakteur Jeffrey Goldberg auf sein eigenes. Denn wenn man sich aus Versehen einen Journalisten in die Gruppe holt, hilft auch Ende-zu-Ende-Verschlüsselung nichts mehr.

Die US-Demokraten schimpfen nun, dass Vance und Hegseth über Staatsgeheimnisse auf einer „kommerziellen App“ diskutiert hätten, aber das stimmt nicht ganz. Hinter Signal steht eine Stiftung, finanziert durch Spenden und vor allem durch Millionen Dollar von Brian Acton. Der gründete einst Whatsapp, wurde durch den Verkauf des Unternehmens an Facebook Milliardär, und entdeckte dann sein Gewissen.

Der explizit unkommerzielle Ansatz von Signal gefällt den Fans der App. Signal-Präsidentin Meredith Whittaker ist so etwas wie eine Ikone der Cyber-Bürgerrechtsbewegung, sie positioniert die App konsequent als Gegenentwurf zu den kommerziellen Überwachungssystemen der Tech-Konzerne.

Weil Werbung am Ende alles ist, meldete sich nun Signal-Gründer Moxie Marlinspike auf X zu Wort. „Es gibt so viele gute Gründe, Signal zu nutzen … inklusive der Möglichkeit, dass der US-Vizepräsident dich wahllos einer Gruppe hinzufügt, um heikle Militäroperationen zu koordinieren … Lasst euch diese Gelegenheit nicht entgehen.“

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:Trumps Leute planten Luftschläge in einer frei verfügbaren Chat-App

Die höchste Riege der US-Regierung bespricht Militärgeheimnisse in einer Signal-Chatgruppe. Die Männer übersehen aber, dass sie einen Journalisten eingeladen haben.

SZ PlusVon Fabian Fellmann

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