Pakistan:Retter und Verräter

Der Machtwechsel in Pakistan wird überschattet von einem feindseligen politischen Klima. Die Stimmungsmache nützt im Kampf gegen die ökonomische Misere niemandem.

Kommentar von Arne Perras

Er war als neuer pakistanischer Premier noch gar nicht gewählt, als Shehbaz Sharif Sonntagnacht schon einen Vorgeschmack auf die kommenden Wochen bekam. Sein Widersacher Imran Khan, gerade über ein Misstrauensvotum gestürzt, will sich nicht geschlagen geben. Er hat das Land schon in den nächsten Wahlkampf katapultiert, obwohl der erst 2023 ansteht. Khan will seinen Nachfolger, der am Montagnachmittag gewählt wurde, mit Massenprotesten vor sich hertreiben, wie sie in Karatschi zu beobachten waren.

Kühle Köpfe wären jetzt gefragt - aber die sind rar

Khan polarisiert das Klima, was es seinem Nachfolger Shehbaz Sharif schwermachen wird, sich auf ökonomische Probleme zu konzentrieren. Pakistan muss schwierige Verhandlungen über ein Rettungspaket des Internationalen Währungsfonds führen, die Inflation ist auf mehr als zwölf Prozent geklettert. Pandemie und Ukraine-Krieg belasten die Ökonomie. Für ein Land mit 220 Millionen Einwohnern, in dem Armut weit verbreitet ist und die Jugend kaum Perspektiven sieht, ist dies eine existenzbedrohende Entwicklung.

Kühle Köpfe wären gefragt, aber die sind rar, weil die Auseinandersetzung einen Nerv der Nation reizt. Khan schiebt die Schuld an seinem Sturz auf angebliche westliche Verschwörer. Er nährt die Erzählung, dass das Land nun von Verrätern und Vasallen geführt werde. Eine fahrlässige, explosive Strategie. Khan kann keine Belege für seine Vorwürfe vorlegen. Ihm reicht es offenbar, den Gedanken in die Welt zu setzen; er ist ein Selbstläufer in einem Land, in dem der Anti-Amerikanismus Geschichte hat.

Khan outet sich als eitler Populist, der Niederlagen nicht wegstecken kann. Auf der anderen Seite steht ein Mann der Politiker-Dynastie Sharif, durch Korruptionsskandale gezeichnet. Es wäre eine Überraschung, würde es Sharif gelingen, eine Ära der Transparenz und guten Regierungsführung zu begründen. Wohin die Pakistaner auch blicken, es gibt wenig Licht im Gezerre um die Macht.

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