Kosovo:Die Macht der Emotionen

Kosovo: "Es ist anzunehmen, dass er keines seiner Worte unbedacht fallen lässt, wenn er über die Lage in Kosovo redet": Aleksandar Vučić.

"Es ist anzunehmen, dass er keines seiner Worte unbedacht fallen lässt, wenn er über die Lage in Kosovo redet": Aleksandar Vučić.

(Foto: Darko Vojinovic/dpa)

Im Konflikt zwischen Serbien und Kosovo ist auch Stimmungsmache im Spiel. Insbesondere einer versteht sich darauf.

Kommentar von Tobias Zick

Man darf dem serbischen Präsidenten zugutehalten, dass er sein Handwerk versteht. Aleksandar Vučić ist ein ausgewiesener Kommunikationsprofi. Ende der Neunzigerjahre, während des Kosovo-Kriegs, diente er als Informationsminister unter dem mutmaßlichen Kriegsverbrecher Slobodan Milošević, schürte Ressentiments und Kriegsstimmung. Später gab er sich als geläuterter Proeuropäer und bereute öffentlich seine "Fehler" und "Dummheiten" . Doch wie Stimmungsmache funktioniert, hat er offenkundig nicht vergessen.

Gelöst ist der Konflikt nicht, allenfalls eingefroren

Es ist anzunehmen, dass er keines seiner Worte unbedacht fallen lässt, wenn er über die Lage in Kosovo redet. Vor einem Monat sprach Vučić über die von der dortigen Regierung geplante Verschärfung der Einreiseregelungen: Pristina ziele letztlich darauf ab, "die Serben aus dem Norden des Kosovo zu vertreiben"; den Verantwortlichen sei egal, "wie viele Serben überleben werden". Am Sonntag legte Vučić nach: Serbien werde "gewinnen, wenn sie es wagen, Serben zu verfolgen, Serben zu töten". Serbische Demonstranten in Nordkosovo errichteten kurz darauf Barrikaden, feuerten Schüsse ab. Das Aufpeitschen der Emotionen hatte seine Wirkung nicht verfehlt.

Auf Druck der USA und der EU hat die kosovarische Regierung die neuen Grenzregeln nun für einen Monat ausgesetzt; die serbischen Aktivisten haben ihre Barrikaden wieder abmontiert. Gelöst ist der Konflikt damit nicht, allenfalls eingefroren. Und es ist wieder einmal deutlich geworden: Auf guten Willen oder freiwilliges Entgegenkommen braucht die EU-Führung bei ihren Vermittlungen im Serbien-Kosovo-Konflikt nicht zu hoffen. Es geht nur mit einer fein austarierten Kombination aus Anreizen und Druck. Man muss jederzeit damit rechnen, dass Aleksandar Vučić sein Interesse an einem EU-Beitritt beteuert - und im nächsten Moment mit Moskauer Unterstützung die Angst der Europäer vor einem Ukraine-Szenario auf dem Balkan schürt.

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