Süddeutsche Zeitung

Manuela Schwesig:Vor der Wiederwahl, aber mit neuen Partnern

Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern startet an diesem Montag voraussichtlich in ihre zweite Amtszeit.

Von Peter Burghardt

Im Ranking des ZDF-Politbarometers taucht neuerdings eine Frau auf, die der eine oder die andere überregional nicht immer auf der Rechnung hatte. Sie war Bundesministerin und regiert seit einiger Zeit ein Bundesland, das zu den bevorzugten Ferienrevieren zählt, politisch aber als nicht ganz so bedeutend gilt. Manuela Schwesig aus Mecklenburg-Vorpommern belegt in dieser Rangliste der Forschungsgruppe Wahlen im November Platz drei. Hinter Angela Merkel und Olaf Scholz. Vor Habeck, Lindner, Söder und so weiter.

Wie kommt das? Nun werden wegen solcher Tabellen keine Posten oder Medaillen verteilt, doch es muss Gründe haben, dass die Ministerpräsidentin aus dem deutschen Nordosten plötzlich in die Spitzengruppe vorstößt. Zumal Manuela Schwesig bis vor Kurzem nicht in den Top Ten geführt wurde, erst seit ihrem souveränen Wahlsieg Ende September und durch ihre wieder erhöhte Medienpräsenz ist sie dabei. Inzwischen werden ihr auch alle möglichen Aufgaben zugetraut.

Ihren Hauptjob setzt die Sozialdemokratin Schwesig von diesem Montag an offiziell fort, im Schweriner Schloss wird sie zum zweiten Mal zur Regierungschefin gewählt werden. Das erste Mal gelang ihr das im Sommer 2017, damals löste die vormalige Bundesfamilienministerin ihren an Krebs erkrankten Vorgänger und Mentor Erwin Sellering ab und führte dessen rot-schwarze Koalition fort. Jetzt wird sie ein rot-rotes Bündnis leiten, die SPD hat sich in Mecklenburg-Vorpommern mit den Linken statt der CDU zusammengetan. Und was war mit dem Parteivorsitz?

SPD-Chefin? Nein. Nicht jetzt

Der Name Schwesig fiel zuletzt häufig, als es um die SPD-Spitze ging. Sie scheint alles mitzubringen, um die weniger populäre Saskia Esken abzulösen und gemeinsam mit Lars Klingbeil die Partei zu übernehmen. Bei Wählerinnen und Wählern beliebt, ihre Landes-SPD bekam ja zuletzt fast 40 Prozent der Stimmen, ihre persönlichen Werte sind sogar noch besser. Relativ jung, 47 Jahre, und trotzdem erfahren.

Die ehemalige Finanzbeamtin, Tochter einer Verwaltungsangestellten und eines Schlossers aus Brandenburg, trat 2003 in die Partei ein und ist seit 2008 durchgehend in Regierungsämtern. Sie leitete das Landessozialministerium, das Bundesfamilienministerium, die Landesregierung. Sie führte gemeinsam mit Malu Dreyer und Thorsten Schäfer-Gümbel zwischenzeitlich auch kommissarisch eine damals chaotische Bundes-SPD an.

Aus dieser Aufgabe zog sie sich zurück, als sie im September 2019 ihre Brustkrebserkrankung öffentlich machte. Im vergangenen Jahr erklärte sie nach monatelanger Therapie dann, wieder gesund zu sein. Unterdessen fiel sie als Corona-Krisenmanagerin auf, anfangs begnügte sie sich damit, via Bildschirm, also virtuell und aus der Distanz, in Erscheinung zu treten. Schwesig ist sichtbar gereift als Landesmutter, sie wirkt sicherer als früher, manchem Kollegen wohl inzwischen zu selbstbewusst. Gleichzeitig bemüht sie sich, nahbar zu bleiben, und weiß, wie schnell sich das Leben und die Politik verändern können.

Die Nummer drei im Politklassement wird nicht SPD-Bundesvorsitzende. Noch nicht. Gesundheit, Familie, Bundesland, Strategie - alles dürfte eine Rolle spielen. Fürs Erste konzentriert sich Manuela Schwesig auf ihre Wahlheimat und den Pakt mit den Linken. Das Experiment gab es dort von 1998 bis 2006 schon mal, es begeistert im Bund nicht jeden, aber die Verhandlungen waren offenbar einfacher, als sie es gerade bei der Ampel sind. Die Landesparteichefin Schwesig freut sich, "dass wir jetzt mit dem Aufbruch 2030 loslegen können".

Ein einziger Delegierter stimmte beim Parteitag in Wismar gegen den sanften Koalitionsvertrag, dessen Inhalt die bisherige Regierungsarbeit mit der CDU sozial und ökologisch abfedern soll. Mecklenburg-Vorpommern habe in Berlin bereits ein gutes Gewicht, sagt Manuela Schwesig, "das werde ich natürlich ausbauen".

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