Koalitionen:Von Hochburgen und Tiefpunkten

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Schwesigs und Giffeys Partner in Schwerin und Berlin: Im Osten steht ausgerechnet die Linke für Stabilität und Kontinuität.

Von Jan Heidtmann

Neben CDU und AfD gehört die Linke zu den Verlierern des Wahlsonntags Ende September. Im Bund konnte sich die Partei nur über Direktmandate ins Parlament retten, in Schwerin wurde sie erstmals einstellig; selbst in der Hochburg Berlin musste sie Stimmen lassen. Anders als CDU und AfD wird die Linke dennoch an die Regierung kommen. In Mecklenburg-Vorpommern ist das ziemlich sicher, in Berlin ziemlich wahrscheinlich. Vor allem wäre es aber eine ziemliche Rettung für die teils desolate Partei.

Der Grund dafür hat erst mal recht wenig mit der Partei selbst, sondern mit den Alternativen zu tun. Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, gab der Linken den Vorzug vor der CDU. Die SPD hatte dort zwar 15 Jahre mit den Konservativen regiert, doch die sind zum unsicheren Kantonisten geworden: Der neue Fraktionsvorsitzende ist eher unerfahren, der Parteivorsitz nur kommissarisch besetzt. In Berlin wiederum stehen sowohl CDU als auch FDP für eine komplett andere Politik als die der Koalition von SPD, Grünen und Linken in den vergangenen fünf Jahren. Für diese Alternative reicht das Wahlergebnis jedoch nicht; zudem haben mehr als 56 Prozent der Berliner Wähler für die Enteignung von großen Wohnungskonzernen gestimmt.

Bei Mieten und Kultur fungieren die Linken als Korrektiv

In Berlin hat die Linke außerdem gezeigt, dass sie gebraucht wird. Die Partei war eine treibende Kraft in dem Bemühen, Mietern mehr Schutz zu bieten, bei dem politischen Thema, das die Berliner am meisten sorgt. Berlins Kultursenator von der Linken, Klaus Lederer, hat Theater, Clubs und andere Kultureinrichtungen während der Pandemie unterstützt wie kaum ein anderer Kulturverantwortlicher. In einer möglichen Koalition mit einer eher konservativen Regierenden SPD-Bürgermeisterin Franziska Giffey wäre die Linke ein wichtiges Korrektiv. So kommt der Partei selbst in der geschrumpften Form eine Rolle zu, die die wenigsten mit ihr in Verbindung bringen: die der Stabilität und der Kontinuität.

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