So empörend das auch klingen mag: Es ist rechts- und gesetzeskonform, dass die Schweiz es Deutschland nicht gestattet, einst bei ihr gekaufte 35-Millimeter-Geschosse für Gepard-Panzer an die Ukraine weiterzugeben.
Die Schweiz ist ein neutrales Land, und so darf sie weder selbst an bewaffneten Konflikten teilnehmen noch eine der kriegführenden Parteien militärisch begünstigen. So gebietet es das Völkerrecht. Hinzu kommen die daran orientierten Schweizer Gesetze, etwa das Kriegsmaterialgesetz, das verhindern soll, dass Rüstungsgüter aus Schweizer Produktion in Unrechtsstaaten landen - oder eben über Umwege doch bei einer kriegführenden Partei. Käuferstaaten von Schweizer Waffen müssen deshalb Nichtwiederausfuhrerklärungen unterschreiben. Genau das hat auch Deutschland getan, als es vor Jahrzehnten rund 12 400 in der Schweiz gefertigte Geschosse für den Gepard kaufte.
Nur dank solcher Regeln funktioniert das überhaupt - glaubwürdig neutral zu sein und trotzdem Waffen zu exportieren. Beides will die Schweiz. Ihre Rüstungsexporte folgen dabei nicht nur geschäftlichen, sondern auch sicherheitspolitischen Motiven: Nur wenn auch das Ausland interessiert ist an Schweizer Waffen, kann sich das Land selbst gut mit in- und ausländischen Rüstungsgütern versorgen. Das Ziel lautet schließlich "bewaffnete Neutralität".
Nun hat Putins Krieg gezeigt, dass derlei Überlegungen nicht mehr viel wert sind. Eine autarke Schweizer Landesverteidigung gegenüber einem Aggressor wie Russland? Undenkbar. Die Schweiz als Insel, die nichts mit dem umliegenden Europa verbindet? Realitätsfremd. Es ist Zeit loszulassen. Entweder die Neutralität, die den Schweizern zuletzt eigentlich nur noch Probleme eingebrockt hat. Oder die politisch ohnehin komplizierten und auch im Land selbst umstrittenen Rüstungsgeschäfte mit dem Ausland. Ihr wirtschaftlicher Nutzen ist gering - und ihr sicherheitspolitischer inzwischen auch.