Schweiz:Das tödliche Klein-Klein

Die Schweiz bekommt die Pandemie auch deshalb nicht in den Griff, weil Schutzmaßnahmen zu lange den Kantonen überlassen blieben.

Von Isabel Pfaff

Gute Lösungen, nah an den Menschen, angepasst an lokale Besonderheiten: Das ist unterm Strich das, was Föderalismus verspricht. Dass dies in Pandemiezeiten nur bedingt gilt, müssen gerade einige Länder schmerzlich erfahren - allen voran die kleine und durchlässige Schweiz.

Die Alpenrepublik kam glimpflich durch die erste Welle. Rasch hatte die Regierung die "außerordentliche Lage" ausgerufen und damit den Föderalismus ausgehebelt. Landesweit wurde das öffentliche Leben heruntergefahren und die Ausbreitung des Virus gebremst. Doch seit dem Sommer liegt die Verantwortung wieder fast vollständig bei den 26 Kantonen. Die Folge: Die zweite Welle trifft das Land besonders heftig und besonders tödlich.

Kein Wunder. In der Schweiz braucht man selten länger als vier Stunden, um von einem Ende des Landes zum anderen zu kommen. Die Bevölkerung ist mobil, viele pendeln. Wenn nun, wie im November, die 14-Tages-Inzidenz in der Westschweiz bei 2000 Fällen pro 100 000 Einwohner liegt - wer glaubt dann ernsthaft, dass man drei Kantone weiter gefahrlos Feste feiern kann? Trotzdem lief die Schweizer Corona-Eindämmung so ab. Nun versucht die Regierung, Regeln zu vereinheitlichen. Lieber sollte sie gleich das Steuer übernehmen. Beschädigt ist das in der Schweiz so wichtige föderale Versprechen so oder so.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: