Schweden:Marsch durch die Institutionen

Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten verzichten auf den symbolischen Posten des Parlamentssprechers. Stattdessen sichern sie sich echten Einfluss.

Kommentar von Kai Strittmatter

Man kann über die Schwedendemokraten (SD) sagen, was man will: Ihr Führer Jimmie Åkesson ist ein geschickter Machtstratege. Er hat es vermocht, in den Augen vieler seiner einst von Nazis, Skinheads und White-Power-Leuten gegründeten Partei einen vermeintlich seriösen Anstrich zu geben.

Tatsächlich ist er darin so geschickt, dass die regelmäßigen Enthüllungen, in denen sich SD-Funktionäre als Rassisten oder Neonazi-Sympathisanten herausstellen, an ihm und an der Partei abperlen, als seien sie mit Teflon beschichtet. Er ist darin so geschickt, dass die bürgerlichen Parteien, die ihn zur Machtübernahme brauchen, sich zu der Behauptung hinreißen lassen, seine SD seien eine normale Partei: Sie müssen sich schließlich rechtfertigen. Lustigerweise sind es ausgerechnet Åkesson und seine SD-Mitstreiter selbst, die immer wieder ganz offen erklären, dass sie genau das nicht seien: eine normale Partei. Man sollte ihnen genauer zuhören, denn die SD wollen tatsächlich ein anderes Schweden, träumen sich in eine idyllische Volksgemeinschaft ohne Ausländer, ohne Klassen, ohne kritische Presse und ohne das Diktat fremder Mächte.

Jetzt, zur Eröffnung des schwedischen Parlaments, hat Jimmie Åkesson seinen Machtinstinkt wieder unter Beweis gestellt. Den prestigereichen Posten des Parlamentssprechers hätte seine Partei wohl haben können, hätte sie darauf bestanden. Åkesson aber hat darauf verzichtet, stattdessen hat er seinen bürgerlichen Partnern wirklichen Einfluss abverhandelt: Die Schwedendemokraten werden in den nächsten Jahren erstmals parlamentarische Ausschüsse leiten - und zwar mehr als alle anderen bürgerlichen Parteien. Das ist klug. Die Schwedendemokraten ziehen die reale Macht der nur symbolischen vor. Und aus Sicht der SD ist das erst der Anfang: Der Marsch von Jimmie Åkessons Rechtspopulisten durch die Institutionen hat begonnen.

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