Zunächst reicht ein einziges Wort: überfällig. Dann aber schließen sich viele Fragen an, auf die man sich vom Ex-Kanzler Antwort wünscht. Also, schlichtweg überfällig war die Entscheidung des Altkanzlers Gerhard Schröder, seinen Aufsichtsratsvorsitz beim russischen Ölkonzern Rosneft aufzugeben. Sie kommt nach Wochen des Schweigens von seiner Seite, das mit jedem weiteren Tag wie ein Rufmord an sich selbst wirkte.
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Die öffentliche Selbstzerstörung seines Ansehens war so traurig anzusehen wie verstörend. Niemand konnte erklären, weshalb ein Mann, den einst ein herausragender politischer Instinkt kennzeichnete, die Debatte laufen ließ, bis es zur Aberkennung seiner Privilegien kam. Selbst bei gutem Willen ließ sich kein Ansatz für eine Deutung finden. Schröder hat in der ihm eigenen Art nicht einmal den Versuch unternommen. Auch sein Rückzug kommt am Freitagmittag ohne weitere Worte. Die aber wären wichtig, nicht in Form von juristisch einwandfrei formulierten Sätzen per Mail, sondern indem er sich Fragen öffentlich stellt.
Es mag angesichts des Grauens in der Ukraine Wunschdenken und eine abwegige Idee sein: Aber es bleibt die Möglichkeit, dass der Putin-Freund aus Hannover in diesem Krieg vielleicht noch wichtig werden könnte; auch wenn man sich das angesichts seines weltfernen Gebarens kaum vorstellen kann. Er hat immerhin als einer von wenigen Zugang zum Despoten in Moskau. Dafür muss er aber nicht auf dessen Gehaltsliste stehen.