Schottergärten:Lass wachsen

Nordrhein-Westfalen verschärft sein Verbot von Schottergärten. Gut so, denn der Kampf gegen den Klimawandel beginnt im Kleinen.

Kommentar von Jan Bielicki

Steingärten können Kunstwerke sein. Angelegt nach den Regeln von Japans fast tausend Jahre alter Gartenbaubibel Sakuteiki gehören die Karesansui, die "trockenen Landschaften", etwa in den Tempelgärten der Stadt Kyoto längst zum Unesco-Kulturerbe der Menschheit. Das hiesige Äquivalent freilich, immer noch recht verbreitet rund ums deutsche Einfamilienhaus, ist mit dem Etikett "Gärten des Grauens" allzu oft treffend beschrieben: Kieselsteinwüsten, wo eigentlich Vorgärten grünen und blühen sollten, angelegt nach dem Motto: alles ordentlich, nichts Lebendiges stört, und wenn doch, dann schnell mit dem Kärcher drüber.

Doch nicht aus ästhetischen Gründen will Nordrhein-Westfalens schwarz-grüne Landesregierung ihr bereits bestehendes Verbot von Schottergärten nun verschärfen. Es geht um Natur und Klima - zu dessen Erhitzung selbst kleine Schotterflächen im Vorgarten beitragen, wie jeder merken konnte, der sich in der Hitzewelle der vergangenen Woche auf eine solche stellte. Über sonnenerhitztem Kies flimmert die Luft dann schon mal bei mikroklimatischen 70 Grad, Grillen auf dem heißen Stein wird zur realen Möglichkeit.

Dass Schottergärten bereits in vielen Bundesländern landesweit oder auf Gemeindeebene verboten sind, ist nicht nur darum kein unziemlicher Eingriff in die Freiheit jeden Bürgers und jeder Bürgerin, den eigenen Garten nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten. Denn die Todeszonen im Vorgarten, in denen kein Wurm kreucht und kein Insekt fleucht, sind ein flächenmäßig zwar kleiner, aber eben auch leicht zu vermeidender Teil eines großen Problems: Immer noch verschwinden in Deutschland Tag für Tag 54 Hektar natürlichen Bodens unter Stein und Beton - eine Fläche, so groß wie 76 Fußballfelder. Wasser hat hier keine Chance, in die ausgedörrten Böden zu gelangen.

In solchen Zeiten wird sogar der private Garten politisch: Hier im Kleinen fängt der Kampf gegen die Klimakrise an.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: