Süddeutsche Zeitung

Sat 1-Sendung "Promis unter Palmen":Zum Schämen

In der Show "Promis unter Palmen" haben sich Verhaltensauffällige unsäglich benommen. Die peinlichste Rolle aber spielt der Sender.

Kommentar von Laura Hertreiter

Peinlichkeit ist das Prinzip, mit dem Sendungen wie das RTL-"Dschungelcamp" einem Riesenpublikum fröhliches Fremdschämen ermöglichen. Man kann das grässlich finden oder süchtig sein, aber mit "Promis unter Palmen" zerlegt Sat 1 das Format niederträchtig.

Staffel zwei, Montagabend, Primetime: Irgendwann kollabiert Marcus Prinz von Anhalt, verurteilter Menschenhändler, Bordellbesitzer, AfD-Unterstützer. Er hat gesoffen und schwulenfeindliches Zeug geredet, jetzt liegt er da in der Sonne, die Kamera filmt ihm ins Gesicht. Da ist zu sehen, wie sich ein Sender aus der Verantwortung stiehlt.

Noch während die Show lief, twitterte Sat 1, man teile die schwulenfeindlichen Aussagen nicht. "Für uns gilt: Alle Menschen sind gleich." Der maßgebliche Teil des Publikums, der nicht gerade seine Timeline las, erfuhr das nicht. Es folgte Kritik, es folgte eine Stellungnahme, man habe die Sendung aus dem Netz genommen, der Prinz werde in keiner Sendung mehr "stattfinden". Es folgt keine Entschuldigung. Warum, wird deutlich, wenn man ein Jahr zurückspult, zu Staffel eins. Ein TV-Dauerselbstdarsteller demütigte seine Kolleginnen. Der Sender twitterte, man distanziere sich "von allen gewaltverherrlichenden und sexistischen Aussagen", die Zusammenarbeit wurde beendet.

Während bei RTL und selbst bei RTL 2 immer wieder Szenen aus vergleichbaren Formaten gestrichen und Teilnehmer suspendiert werden, legt es Sat 1 auf genau diese Szenen, diese Teilnehmer an. Das macht wirklich alle zu Verlierern. Abschaltempfehlung.

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