Süddeutsche Zeitung

Sambia:Vom Kuhhirten zum Präsidenten

Hakainde Hichilema wird im sechsten Anlauf der neue Präsident Sambias. Seinen vor allem jungen Wählern verspricht er mehr Jobs und Zukunft.

Von Bernd Dörries

Gäbe es eine internationale Rangliste der ausdauerndsten Präsidentschaftskandidaten, Hakainde Hichilema würde ganz weit oben stehen. Sechs Anläufe hat er gebraucht, um endlich zum Präsidenten von Sambia gewählt zu werden, dem Land mit etwa 18 Millionen Einwohnern im südlichen Afrika. Gemessen an den vielen Versuchen ist Hichilema noch recht jung, 59 Jahre alt. Verglichen mit dem Durchschnittsalter der sambischen Bevölkerung von 17,6 Jahren ist er dann doch schon etwas gesetzter. Es waren aber offenbar vor allem junge Wähler, die den Ausschlag gegeben haben bei der Wahl, nach den letzten Ergebnissen vom Montag erreichte Hichilema 58 Prozent. Ihre Erwartungen muss der neue Präsident nun erfüllen, schwer zu erraten sind sie nicht: mehr Arbeitsplätze, mehr Zukunft.

Die hatte natürlich auch Amtsinhaber Edgar Lungu versprochen, und die Voraussetzungen waren durchaus da. Das Bevölkerungswachstum liegt mit 2,9 Prozent eher im unteren afrikanischen Durchschnitt, das Land ist reich an Bodenschätzen und der zweitgrößte Kupferproduzent des Kontinents. Das Metall hat nach Ansicht vieler eine glänzende Zukunft, Experten glauben daran, dass sich die Nachfrage in den kommenden Jahren sogar versechsfachen könnte, weil Kupfer für Elektromotoren und Solarzellen gebraucht wird, beides entscheidende Bausteine für die Energiewende. Kupfer macht etwa drei Viertel aller Exporte des Landes aus.

Nach einer Schwächephase zieht der Kupferpreis wieder an, Hichilema verspricht nach dem Abrutschen des Landes in die Rezession nun ein jährliches Wachstum von zehn Prozent und verweist auf seine eigene Biografie, die doch belege, dass er das erreichen könne. Geboren als "einfacher Kuhhirte", wie er selbst sagt, bekam er erst ein Stipendium für die Universität in der Hauptstadt Lusaka und machte dann einen Master in Business Administration an der Universität in Birmingham, er gründete eine Beratungsfirma und gehört heute zu den reichsten Sambiern. Er sei nicht in die Politik gegangen, um noch reicher zu werden, sagen seine Anhänger.

Die Regierung versuchte bis zuletzt alles, die Wahl noch in ihre Richtung zu biegen

Vorgänger Lungu werden Korruption und Verschwendung vorgeworfen: Er ließ ein riesiges Stadion bauen und bestellte Flugabwehrraketen für seinen Präsidentenjet, obwohl Sambias Armee noch nie in einen Krieg verwickelt war und es keinerlei Bedrohung gibt. In seiner Amtszeit stieg die Verschuldung Sambias auf 13 Milliarden US-Dollar, obwohl das Land erst 2005 von einem Schuldenerlass profitiert hatte. Mittlerweile steht es wieder genau dort, kann Kredite nicht bezahlen. Der scheidende Präsident Lungu aber pries auf seinen Wahlplakaten die vielen Straßen und Brücken, die er gebaut hatte. Meist wurden sie aber von chinesischen Firmen gebaut, oft mit chinesischen Arbeitern. "Brücken machen nicht satt", sagte daher die Opposition.

Kritik war allerdings nicht sonderlich gefragt in den vergangenen Jahren, mehrere Zeitungen wurden verboten, Aktivisten und Oppositionspolitiker verhaftet, der neue Präsident Hichilema soll 15 Mal in Gewahrsam genommen worden sein. Einmal, weil seine Wagenkolonne angeblich die des Präsidenten blockiert hatte. Dafür gab es vier Monate Gefängnis. Angesichts eines solchen Klimas hatten vielen Beobachter nicht damit gerechnet, dass es bei der Wahl mit rechten Dingen zugehen würde, dass die Opposition überhaupt eine Chance hätte.

Die Regierung versuchte bis zuletzt alles, die Wahl doch noch in ihre Richtung zu biegen, der Landbevölkerung wurden vergünstigte Samen und Dünger versprochen, den Regierungsbeamten eine "Restrukturierung" ihrer persönlichen Schulden. Der bisherige Amtsinhaber Lungu hatte die ersten Ergebnisse erst zurückgewiesen und behauptet, die Wahlen seien nicht "frei und fair" gewesen, eine erstaunliche Behauptung für einen amtierenden Präsidenten. Mittlerweile hat er seine Niederlage eingestanden. Sambia hat damit schon wieder einen friedlichen Machtwechsel erlebt, allein das ist schon ein Erfolg.

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