Süddeutsche Zeitung

Russland:Eine Unglückswoche

Europas Chef-Außenpolitiker und der Bundespräsident geben in der Krise mit Russland ein unglückliches Bild ab. Moskaus Spaltungspolitik wirkt.

Von Stefan Kornelius

Josep Borrell und Frank-Walter Steinmeier haben einiges gemeinsam. Beide entstammen der Sozialdemokratie, beide waren sie Außenminister, und wo der eine hätte reden sollen, hätte der andere besser geschwiegen. Nord Stream 2, Nawalny, die Ukraine: Russlands Politik entzweit lustvoll die Europäische Union. Moskaus Chefspalter, Außenminister Sergej Lawrow, wird sich die Schenkel klopfen.

Borrell, der oberste Außenpolitiker der EU, reiste kurz nach Nawalnys Verhaftung nach Moskau, ohne eindeutiges Mandat der Mitglieder, ohne Botschaft, ohne Plan. Er ließ sich behandeln wie ein Schulbub und bekam als Geschenk ein paar Diplomaten mit auf den Weg. Ausweisung. Die Antwort der betroffenen Länder - ebenfalls Ausweisung - war so vorhersehbar wie falsch. Borrell hätte reden und Europa auf die Demütigung gemeinsam reagieren müssen. Russland lässt sich nicht mehr als zwischenstaatliches Problem behandeln. Die Ohrfeige des Europaparlaments hat Borrell verdient.

Anders der Bundespräsident, der diese Unglückswoche mit einer Interviewäußerung pro Pipeline krönte, die im besten Fall nur missverständlich war. In Wahrheit ist er als Ex-Außenminister in Sachen Nord Stream eindeutig befangen und hat sich ausgerechnet jetzt im historischen Dreieck Deutschland-Russland-Ukraine verheddert. Er hätte besser geschwiegen.

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