Asyl:Flucht vor Putin - aber wohin?

Viele russische Oppositionelle müssen das Land verlassen, weil die Lage für sie immer kritischer wird. Doch der Weg nach Deutschland ist bislang steinig. Das muss sich dringend ändern.

Kommentar von Markus Balser

Mit seinem brutalen Angriff auf die Ukraine treibt der russische Präsident Wladimir Putin nicht nur Millionen Ukrainer in die Flucht. Auch viele Russen wollen das eigene Land verlassen. Chatgruppen zur Flucht zählen inzwischen Hunderttausende Mitglieder. Es geht um Oppositionelle, die Repressalien fürchten müssen, Menschen, die nicht im Krieg kämpfen wollen, Wissenschaftler, die Putins Kurs ablehnen, oder Journalisten, die nicht mehr gegen die staatliche Propaganda anschreiben können, ohne noch höhere Risiken einzugehen als zuvor.

Bislang allerdings bekamen diese Flüchtenden im Westen erstaunlich wenig Aufmerksamkeit. Viele schaffen es nicht nach Westeuropa. Im Vergleich zu ukrainischen Geflüchteten haben es russische Oppositionelle schwer in der Europäischen Union, Fuß zu fassen: Während Ukrainer über eine Brüsseler Krisenrichtlinie unbürokratisch bis zu drei Jahre in der EU bleiben und auch sofort arbeiten können, gilt das für Russen nicht.

Die Bundesinnenministerin stellte besseren Schutz in Aussicht - das muss sich nun konkretisieren

Wer aus Russland flieht, bekommt schnell die Mühlen der Bürokratie zu spüren. Touristenvisa laufen nach drei Monaten ab. Ausländerbehörden tun sich bislang schwer damit, längerfristige Lösungen zu finden. Wer hier bleiben will, muss in der Regel Asyl beantragen und dann meist ziemlich lange auf eine Arbeitsmöglichkeit warten.

Schon in den vergangenen Tagen wuchs der Druck auf die Bundesregierung, in der Fluchtpolitik endlich umzusteuern. Nun lenkt die zuständige Bundesinnenministerin Nancy Faeser offenbar ein. Sie stellt politisch Verfolgten aus Russland einen besseren Schutz in Aussicht. Noch allerdings bleibt unklar, was das heißt. Die Bundesregierung darf sich nun nicht noch länger Zeit lassen. Sie muss schnell für bessere Aufnahmebedingungen sorgen und den Geflohenen Schutz bieten. Wer sich in Russland unter gefährlichen Bedingungen für Freiheit und Demokratie einsetzt, muss wissen, dass er in Deutschland willkommen ist.

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